Aktionswoche der Schuldnerberatung – überschuldete Personen in Stuttgart befragt - Zentrale Schuldnerberatung Stuttgart stellt Forderungen
Stuttgart. 75 Prozent der deutschen Erwachsenen schätzen nach einer Studie des Robert Koch-Instituts von 2015 ihre Gesundheit als gut oder sehr gut ein. Das gilt jedoch nicht für Menschen, die ihre Schulden nicht mehr bezahlen können. Deshalb steht die bundesweite Aktionswoche der Schuldnerberatungen, die vom 6. bis 10. Juni 2016 läuft, in diesem Jahr unter dem Motto: Schulden machen krank. Krankheit macht Schulden. Die Zentrale Schuldnerberatung Stuttgart (ZSB), die gemeinsam vom Caritasverband für Stuttgart, der Evangelischen Gesellschaft (eva) und PräventSozial getragen wird, hat im April und Mai 2016 ihre Klienten zu ihrem Gesundheitszustand befragt.
83 überschuldete Personen wurden während ihrer Schuldnerberatung befragt, ihre Auswahl erfolgte rein zufällig. 45 Prozent von ihnen haben ihren Gesundheitszustand als „weniger gut“ oder gar „schlecht“ angegeben. 61 Prozent der Befragten weisen ein Krankheitsbild auf. Im Vordergrund stehen dabei psychische und psychosomatische Erkrankungen. 39 Prozent der Befragten gaben an, dass die Krankheit einer der Auslöser für die Überschuldung war. Bei mehr als einem Drittel der Befragten ist die Arbeitsfähigkeit stark eingeschränkt, 11 Prozent sind gar berufsunfähig krank. Bei 23 Prozent der Betroffenen bestehen Schulden, die im direkten Zusammenhang mit der Krankheit stehen, beispielweise Kassenbeiträge und nicht bezahlte Arztrechnungen.
Das zeigt: zwischen Krankheit und Schulden besteht eine enge Wechselwirkung, die man aus eigener Kraft nicht mehr bewältigen kann. Krankheiten können in eine Überschuldung führen, ebenso können aber auch Schulden krank machen. Für Menschen mit Schulden besteht zudem die Gefahr, dass sie sich nicht mehr ausreichend krankenversichern können. Ärztliche Leistungen, die Zusatzbeiträge erfordern, können nicht bezahlt werden. Auf diese Zusammenhänge weist die diesjährige Aktionswoche Schuldnerberatung hin.
Kann Schuldnerberatung gesund machen?
Dass Schuldnerberatung zumindest gesünder macht, bestätigen Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen. Bei der Befragung der Zentralen Schuldnerberatung Stuttgart gaben
62 Prozent der Befragten an, dass sich durch die Schuldnerberatung ihr Gesundheitszustand verbessert hat oder verbessern kann. Eine Person schrieb auf den anonymen Fragebogen: „Durch den Prozess bei der Beratung der Schuldnerberatung und die Hilfe und Unterstützung geht es mental und im sozialen Umfeld bergauf. Festigung im Beruf und Selbstbewusstsein sind deutlich verbessert. DANKE“
Forderungen der Zentralen Schuldnerberatung Stuttgart
Im Moment gibt es lange Wartezeiten, bis überschuldete Menschen beraten werden können. Deshalb fordert die ZSB ein Recht auf Schuldnerberatung für überschuldete Menschen. Wichtig ist aus Sicht der Beratungsstelle daneben, dass Überschuldete Zugang zur Regelversorgung der Krankenkassen bekommen – auch wenn sie dieser Beiträge schulden. Im Moment haben diese keinen Anspruch auf das volle Leistungspaket. Falls wegen der abgesenkten medizinischen Leistungen Behandlungen nicht durchgeführt werden, können Spätfolgen auftreten, die langfristig von der Gemeinschaft der Versicherten zu tragen sind. Eine weitere Forderung der ZSB: Die gesetzliche Krankenversicherung sollte für Kleinselbständige mit niedrigem Einkommen geöffnet werden. Die bisher starre Bemessung der Beiträge auf ein Durchschnittseinkommen führt zu pauschal hohen Beiträgen, die Kleinselbstständige schnell finanziell überfordern können. Schließlich sind nach der Überzeugung der ZSB für überschuldete Menschen spezifische Programme zur Krankheitsprävention und Gesundheitsprävention nötig, da Krankheiten teilweise die Entschuldung verhindern.
Mehr zur Aktionswoche der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände steht hier.