Autoren einer einfühlsamen SWR-Doku über Einsamkeit sind unter den Gewinnern - ältere Menschen bei der eva begleitet
Stuttgart. Der Diakonie Journalistenpreis Baden-Württemberg 2020 ist am 2. Dezember in einer virtuellen Sitzung an die Preisträger übergeben worden. In der Kategorie Fernsehen wurde die SWR-Reportage von Sebastian Georgi und Markus Henssler ausgezeichnet. Unter dem Titel „Im Alter einsam? Muss nicht sein!“ porträtiert der Film einfühlsam drei Menschen und ihren Umgang mit ihrem Alter und ihrer Einsamkeit. Nach Überzeugung der Jury haben die Autoren ein gesellschaftlich hochrelevantes Thema filmisch gut umgesetzt. „Der Film porträtiert Senioren und deren Umgang mit ihrem Alter und ihrer Einsamkeit“, heißt es in der Jury-Begründung. „Aber er ermuntert auch, sein Schicksal in die Hand zu nehmen“.
Die beiden Filmemacher haben für ihren 45-minütigen Film acht Monate lang drei ältere Menschen begleitet, die etwas gegen ihre Einsamkeit tun. Die beiden Frauen im Film, Eva Lang und Hildegard Bartels, wurden während der Dreh-Arbeiten von verschiedenen Diensten der Evangelischen Gesellschaft (eva) unterstützt. Hans Feller aus Lenningen hat über die Ehrenamts-Organisation „Unser Netz“ einen regelmäßigen Begleiter gefunden. Die Autoren Georgi und Henssler bedankten sich bei der Übergabe bei den Mitwirkenden des Films. Dass sie ihnen Einblick in ihr Leben gewährt hätten, sei „nicht selbstverständlich“.
Einsamkeit lässt einen verwelken wie eine Pflanze
Hildegard Bartels – die inzwischen leider verstorben ist – war früher sehr aktiv, auch als sie nicht mehr bei der Stuttgarter Zeitung gearbeitet hat. Noch als sie über achtzig war, sei sie allein mit dem Auto verreist, erzählt sie im Film, doch jetzt verlasse sie kaum noch ihre Wohnung. Dann starb auch noch ihr geliebter Hund. Die 93-Jährige weinte am Telefon, als sie das einem Ehrenamtlichen des eva-Seniorentelefons Dreiklang erzählte.
„Einsamkeit ist so eine große Leere, ein Vakuum in einem“, sagt Eva Lang in dem Film. Sie vergleicht ihre Trauer um den Lebensgefährten, mit dem sie alt werden wollte, mit einer Amputation. Doch sie erkennt: „Der beste Therapeut kann nur Hilfe zur Selbsthilfe geben. Tun muss ich es selber.“ Sie geht unter Menschen, besucht eine Trauergruppe, lernt bei eva´s Tisch andere Essensgäste kennen, besucht verschiedene Angebote der Begegnungsstätte für Ältere der eva… Denn: „Wenn man sich vergräbt – das ist wie eine Pflanze, die verwelkt“, sagte Eva Lang bei der Preis-Übergabe.
Für ihren langen Hörfunkbeitrag ging der Diakonie Journalistenpreis an die SWR-Journalistin Sabine Brütting. Mit ihrem Beitrag „Der Abschied vom perfekten Kind“ portraitiert die Autorin eine junge Familie, die ein Kind mit einer sehr schweren und sehr seltenen Krankheit bekommt. Die Reportage beschreibt, wie die Eltern sich entwickeln von der enttäuschten Hoffnung auf ein gesundes Kind über die Krise und das Beinahe-Scheitern bis hin zur Fähigkeit, sein Schicksal und Hilfsangebote anzunehmen.
Opfern eine Stimme gegeben
Den Preis für den Hörfunk-Kurzbeitrag hat Verena Neuhausen vom SWR-Studio Stuttgart erhalten. Die Autorin begleitete Eltern in einem Mordprozess, deren Kinder bei einem Raserunfall getötet wurden. Die Jury wertete die journalistische Aufarbeitung dieses schwierigen Themas. Verena Neuhausen hat nicht die Perspektive der Täter gewählt, sondern den Opfern eine Stimme gegeben.
Der Siegerbeitrag in der Kategorie Online von Lisa-Marie Jeschina und Jasmin Larmache trägt den Titel „Brüder leiden an seltenem Gendefekt“. Die Dokumentation zeigt einen Vater, der sich zuhause um seine beiden schwer behinderten Söhne kümmert. Der auf Focus Online veröffentlichte Beitrag nimmt die Zuschauer mit ins Wohnzimmer der Familie. Hier versorgt der Vater mit viel Liebe seine Kinder, die nur kaum merkbar reagieren können.
Der Preis in der Kategorie Print wurde für den Beitrag „Ausgeliefert“ vergeben, veröffentlicht in der Stuttgarter Zeitung. Hilke Lorenz hat Nöte thematisiert, die auch sehr junge Kinder in den Kinderkurheimen in den 1950er bis 70er Jahre erleiden mussten. Im Mittelpunkt steht das Schicksal einer Frau, die 1975 als Sechsjährige eine traumatisierende Zeit erlebt hat. In einem wenig später erschienenen Beitrag der Autorin kamen damalige Erzieherinnen und weitere „Verschickungskinder“ zu Wort. (uli)