Die Mobile Jugendarbeit Stuttgart hält kreativ den Kontakt zu „ihren“ Jugendlichen
Stuttgart. „Wir sind da“ ist das Motto der Mobilen Jugendarbeit (MJA). Doch wo sind die Jugendsozialarbeiterinnen und -sozialarbeiter jetzt, wenn die Jugendlichen, für die sie da sind, wegen der Corona-Pandemie kaum noch raus dürfen? „Wir sind trotzdem da“, sagen sie. Und beweisen es mit viel Kreativität und mit Hilfe neuer Medien.
Die Jugendsozialarbeiter, die bei der Caritas und der Evangelischen Gesellschaft (eva) angestellt sind, kennen den einen oder anderen abfälligen Kommentar über „ihre“ Jugendlichen. Die könnten sich nicht an die verhängten Regeln halten – oder sie wollten es nicht. „ Gerade für unsere Zielgruppe ist es schwer, daheim zu bleiben“, erklärt Jutta Jung, Fachdienstleiterin Mobile Jugendarbeitbei der Caritas. Die Jungs und Mädchen könnten sich häufig nicht in ein konfliktfreies und vertrauensvolles Zuhause zurückziehen. Schon unter normalen Umständen seien die Familienverhältnisse der meisten geprägt von finanziellen Nöten, Konflikten und beengten Wohnverhältnissen.
„Wir wollen euch sagen: Wir denken an euch.“ Das sagt Isabell Sander in einem Video der MJA West-Botnang, das vor Ostern für Jugendliche aus dem Stadtteil auf youtube veröffentlicht wurde. Schritt für Schritt erklärt die Schulsozialarbeiterin, wie aus Zeitungspapier mit Kleber, Nadel, Faden und Schere Blumen oder Häschen gebastelt werden können.
Auch Gruppen-Angebote finden jetzt statt, obwohl die Jugendlichen einander dafür nicht treffen können. Einige Clubs der MJA kochen via Videochat gemeinsam und doch getrennt voneinander. Oder sie treffen sich zum Online-Gaming. Andere Mitarbeitende der MJA machen gemeinsam mit „ihren“ Jugendlichen Sportübungen. „Am wichtigsten ist uns dabei, mit den Kindern, Jugendlichen und Familien in Kontakt zu bleiben und weiter Angebote für sie zu machen – ob über Messenger-Dienste, Instagram, E-Mail, Telefon oder über Briefe“, sagt Cathrin Maier, die bei der eva als stellvertretende Bereichsleiterin für die Mobile Jugendarbeit zuständig ist.
Neben den Online-Angeboten sind die Fachkräfte der MJA und der Kindersozialarbeit sowie die Schulsozialarbeitenden auch persönlich für die Jungs und Mädchen da: Ein bis zwei Personen sind von Montag bis Freitag vor Ortan den Standorten der MJA in den Stadtteilen. Die Räume sind geschlossen, doch die Jugendlichen können bei akuten Krisen anklopfen. In Einzelfällen ist auch ein persönliches Gespräch bei einem Spaziergang möglich, bei dem die Hygienestandards gewahrt werden.
Die Mitarbeitenden sind vereinzelt auch mit Streetwork in den Stadtteilen unterwegs, um die Stimmungslage vor Ort besser beurteilen zu können. Sie stehen den Jugendlichen, die sie treffen, für ein Gespräch zur Verfügung. Außerdem haben viele Teams an wichtigen Punkten im Stadtteil ihre Kontaktdaten ausgehängt, zum Beispiel in Supermärkten oder Apotheken.
Bei aller Kreativität sehen die Fachleute auch mögliche negative Folgen der Corona-Pandemie: Die Kinder und Jugendlichen, die von der MJA unterstützt werden, haben kaum die technische Ausstattung, die von der Schule gestellten Aufgaben zu bewältigen. „Wir fürchten, dass sie nach der Krise mit großen Lücken in den Schulalltag zurückkehren werden“, sagt Jutta Jung. Sie fürchte, dass das Lernen von zu Hause aus die Bildungs-Ungerechtigkeit verfestigen wird. „Deshalb sammeln wir gebrauchte Smartphones und Laptops, die wir desinfizieren und an die jungen Menschen weitergeben“, berichtet Cathrin Maier. „Das soll ihnen dabei helfen, ihre Schulaufgaben zu erledigen und den Kontakt zur MJA zu halten.“ Wer ein solches Gerät bei sich zu Hause aussortiert hat, kann sich gerne bei Cathrin Maier melden: cathrin.maier@eva-stuttgart.de. (uli/red)