Mobile Jugendarbeit Stuttgart ist älteste Einrichtung ihrer Art in Deutschland – wegen Corona-Pandemie Instagram-Aktion statt Jubiläumsfeier
Stuttgart. Seit 50 Jahren sind ihre Fachkräfte in Stuttgart unterwegs. Damit ist die Mobile Jugendarbeit Stuttgart (MJA) die älteste Einrichtung ihrer Art in Deutschland. Daran wollte sie am 20. Mai mit einem großen Fest erinnern. Die Feier wurde wegen der Corona-Pandemie verschoben, stattdessen gibt es Aktionen der Stadtteil-Teams auf Instagram. Die Teams nehmen ihre Follower mit auf eine Zeitreise und laden online dazu ein, mit „ihren Mobilen“ Geburtstag zu feiern.
Begonnen hat die Mobile Jugendarbeit vor 50 Jahren mit Streetwork. Seit Beginn arbeitet die MJA ökumenisch: Die Jugendsozialarbeiter sind bei der Caritas und der Evangelischen Gesellschaft (eva) angestellt, die beiden Träger kooperieren dabei eng mit der evangelischen und der katholischen Kirche. Zu den 19 Teams mit über 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehören inzwischen auch die Mitarbeitenden der Mobilen Kindersozialarbeit, der Schulsozialarbeit, der Berufseinstiegsbegleitung sowie des erweiterten Betreuungsangebots an Schulen.
Auch während der Einschränkungen durch die Pandemie erreichen die sozialen Fachkräfte die jungen Menschen: digital und am Telefon, beim Streetwork in Stuttgarts Stadtteilen, durch Einzelhilfe in den Räumen der MJA oder an der frischen Luft, aber auch bei Hausbesuchen. Sogar Gruppen-Angebote finden online statt.
Fachkräfte unterstützen Jugendlche in der Schule und geben Tipps für Freizeit
„Gerade die Jugendlichen, die wir begleiten, haben es jetzt nicht einfach“, sagt Klausjürgen Mauch, der bei der Evangelischen Gesellschaft (eva) als Bereichsleiter für die Mobile Jugendarbeit zuständig ist. Viele von ihnen hätten kaum die technische Ausstattung, die von der Schule gestellten Aufgaben zu bewältigen. „Deshalb schaffen wir über Spenden-Mittel gerade Laptops und Drucker an, mit denen die Schülerinnen und Schüler am Home-Schooling teilnehmen können.“ Die Sozialarbeiterinnen und -arbeiter bieten daneben Einzelnen Nachhilfe in ihren Räumen an und lernen gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern über Videochat. Da den jungen Leuten ihre feste Tagesstruktur fehlt, können sie sich wecken und dabei helfen lassen, individuelle Tages- und Wochenpläne zu erstellen. Die Schulsozialarbeiter begleiten daneben mit ihrem Fachwissen die Schulen bei der jetzt beginnenden Wiedereröffnung. Sie setzen sich vor allem für die Schülerinnen und Schüler ein, die in den vergangenen Wochen kaum erreicht wurden oder bei denen der Kontakt zur Schule sogar ganz abgebrochen ist.
Die Jugendlichen sind auch in ihrer Freizeit von den sozialen Einschränkungen betroffen. Schon unter normalen Umständen sind die Familienverhältnisse der meisten geprägt von finanziellen Nöten, Konflikten und beengten Wohnverhältnissen. „Mir fehlen sehr meine Freizeitaktivitäten. Ich kann meinen Alltag nicht richtig gut gestalten, ich hänge nur rum oder gehe halt mal raus, aber sonst bleibe ich zuhause“, beschreibt Samir (Name geändert) seine Situation. Auch hier helfen die sozialen Fachkräfte, geben konkrete Anregungen für die Tagesgestaltung. Einige Clubs der MJA kochen via Videochat gemeinsam und doch getrennt voneinander. Oder sie treffen sich zum Online-Gaming. Andere Mitarbeitende der MJA machen gemeinsam mit „ihren“ Jugendlichen Sportübungen. Damit schaffen sie Abwechslung und positiven Zeitvertreib. Daneben informieren sie in den sozialen Medien über Strategien, mit Angstgefühlen umzugehen, oder empfehlen Übungen zur Stressbewältigung. Wer weitergehende Hilfen braucht, erhält Infos über Hilfsangebote wie die Telefonseelsorge oder psychologische Beratungsstellen.
Hilfe bei der Suche nach Ausbildungs- oder Arbeitsplatz
Der 17-jährigen Yara (Name geändert), die mit ihrer achtköpfigen Familie auf engem Raum lebt, fällt es zurzeit schwer, sich auf den anstehenden Realschulabschluss vorzubereiten. Sie macht sich Sorgen, wie es nach der Schule für sie weitergeht. Vor kurzem hat sie eine Absage von einem Unternehmen erhalten. In den Räumen der MJA findet Yara Ruhe, um sich auf die Prüfungen vorzubereiten und um Bewerbungen abzuschicken. Die Mitarbeitenden dort nutzen die Jobbörse der Agentur für Arbeit sowie ihre Netzwerke zu Betrieben. Damit unterstützen sie Yara und andere in ihrer Situation dabei, eine Ausbildungsstelle oder einen Arbeitsplatz zu suchen. Gemeinsam mit der Agentur für Arbeit und der IHK Region Stuttgart entwickeln sie Perspektiven für arbeitssuchende junge Menschen – vor allem nach der Corona-Pandemie. „Gemeinsam meistern wir die schwierige Situation, wir sind für euch da!“ sagt Jutta Jung, Fachdienstleiterin Mobile Jugendarbeitbei der Caritas, in Richtung der jungen Menschen.
Happy birthday!
„Wir sind da“ – das zeigen die Stadtteilteams der MJA am Mittwoch, 20. Mai, bei verschiedenen Instagram-Aktionen zum Jubiläum. Sie haben mit dem Mikrofon oder per Video O-Töne von Jugendlichen zu „ihrer“ Mobilen Jugendarbeit eingeholt, die sie posten. Sie zeigen Fotos, mit denen sie ihre Follower auf eine Zeitreise in die vergangenen Jahrzehnte mitnehmen. Sie dekorieren die Fenster ihrer Standorte und posten Fotos davon an alle, die das nicht vor Ort sehen können. Andere Teams machen Online-Gewinnspiele mit Fragen zur Geschichte der Mobilen Jugendarbeit. Ein Team will Gesang zum Geburtstag posten: „Happy Birthday“! (uli)
Die Instagram-Aktionen der Stadtteilteams werden unter diesen Hashtags veröffentlicht:
#mjastuttgart
#50jahremja