Beratungsstelle YASEMIN besteht seit 15 Jahren – einzige mobile Beratungsstelle für junge Migrantinnen in Baden-Württemberg
Stuttgart. Wenn nach den Sommerferien die Schule wieder beginnt, vermissen Lehrkräfte in Deutschland jedes Jahr junge Frauen, die nicht mehr in den Unterricht zurückkehren. Sie haben ihren Schulabbruch nicht selbst beschlossen, sondern wurden durch ihre Familien zwangsverheiratet und teilweise im Herkunftsland der Familie zurückgelassen. Um das zu verhindern, gibt es seit 15 Jahren YASEMIN. Die mobile Beratungsstelle der Evangelischen Gesellschaft (eva) ist die einzige in Baden-Württemberg, die niederschwellig und aufsuchend für diese jungen Menschen Angebote macht. Ihre Mitarbeiterinnen sind im ganzen Land unterwegs.
Die Mitarbeiterinnen von YASEMIN helfen jungen Frauen schon lange, bevor eine Zwangsverheiratung droht. Denn diese ist nur das Ende einer Kette von Demütigungen, von körperlicher und psychischer Gewalt. Die Familienmitglieder wollen die Tochter oder Schwester – in seltenen Fällen auch den Sohn oder Bruder – davor schützen, in der westlichen Welt ihre „Ehre“ zu verlieren. In den vergangenen 15 Jahren wurden 4.120 Menschen von YASEMIN beraten. Dazu zählten sowohl junge Betroffene als auch vertraute Dritte wie Lehrpersonal oder Freundinnen und Freunde, denen diese sich anvertraut hatten.
Auch Prävention gehört zur Arbeit
Zur Arbeit von YASEMIN gehört auch, Gewalt vorzubeugen. Die Mitarbeiterinnen informieren junge Menschen mit Präventionsveranstaltungen an Schulen, in Ausbildungsbetrieben oder in Jugendhäusern über Gewalt im Namen der so genannten Ehre. Erfahrungsgemäß melden sich nach solchen Veranstaltungen zwei bis drei betroffene Mädchen und junge Frauen, die von Gewalt oder von Zwangsverheiratung betroffen sind. Daneben sensibilisieren die Fachkräfte Behördenmitarbeitende oder Lehrpersonen für Anzeichen von Gewalt. Seit 2007 wurden über 10.000 Schülerinnen und Schüler bei Präventionsveranstaltungen erreicht, daneben fast 10.000 Teilnehmende bei Informationsveranstaltungen und Fachtagen.
Inzwischen macht YASEMIN auch Angebote auf social media. Bei ihrem Instagram-Account Yasemin_Beratungsstelle hatte die Beratungsstelle Ende August 865 Abonnentinnen und Abonnenten. Der Account wird genutzt, um die unterschiedlichen Angebote der Beratungsstelle bekanntzumachen, mutmachende Botschaften zu posten oder auf besondere Tage – wie den Tag gegen Gewalt an Frauen oder den internationalen Mädchentag – aufmerksam zu machen. Die Nutzerinnen und Nutzer, die dem Account folgen, weisen zum Teil auf ihren eigenen Accounts auf das Angebot und auf Aktionen von YASEMIN hin, indem sie die Beiträge teilen oder verlinken.
Aktuell unterstützen drei erfahrene Sozialpädagoginnen junge Migrantinnen sowie vereinzelt Paare und junge Männer im Alter von 12 bis 27 Jahren. Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg unterstützt YASEMIN aus Landesmitteln. Die eva beteiligt sich mit Eigenmitteln daran, das Angebot zu finanzieren. (uli)