Babina von der Heydt hat im SWR-Radio über ihr Ehrenamt bei der Zentralen Schuldnerberatung berichtet – Seit zwei Jahrzehnten hilft sie Menschen aus der Schuldenfalle
Stuttgart. Babina von der Heydt hat einen langen Atem. Den braucht sie als ehrenamtliche Beraterin bei der Zentralen Schuldnerberatung Stuttgart. Es sind viele Termine nötig, um einen Überblick zu bekommen, wie viele Gläubiger den Klienten im Nacken sitzen. Wie hoch der Schuldenberg ist, der sich angehäuft hat. Und wie dieser abgebaut werden kann. Seit fast zwanzig Jahren ist die 72-Jährige als Ehrenamtliche für Menschen in finanziellen Nöten tätig. Kürzlich hat sie bei der Radiosendung „SWR 2 Tandem“ über ihr Engagement berichtet.
Ihr Mann war zuerst skeptisch, als Babina von der Heydt ihm eröffnet hat, bei der Schuldnerberatung als Ehrenamtliche einzusteigen: „Da hörst du doch so viele traurige Geschichten und kommst traurig heim.“ Das Gegenteil ist der Fall: „Ich erlebe sehr viel Dankbarkeit und komme meistens zufriedener nach Hause, als ich gegangen bin“, sagt von der Heydt im Radiointerview. Seit fast zwei Jahrzehnten berät sie überschuldete Frauen und Männer. Wenn diese vor ihr sitzen, haben sie die größte Hürde schon genommen – weil sie ihre Scham überwunden haben. „Allein das ist schon eine große Erleichterung für viele“, sagt von der Heydt.
Mehr als 40 Gläubiger, die Forderungen stellen
Zunächst geht es darum, die finanzielle Situation zu klären: Wo kommen die Schulden her, wie hoch ist die Summe insgesamt? „Ich hatte schon Fälle, da gab es insgesamt 40 Gläubiger.“ Die meisten der Klientinnen und Klienten haben längst keinen Überblick mehr über ihre finanzielle Situation. Da gilt es ungeöffnete Briefe mit Forderungen zu sortieren und Kontoauszüge zu lesen. Wie hoch sind die Einnahmen, welche Ausgaben stehen dem gegenüber und warum wächst der Schuldenberg immer weiter an? Nicht alle Forderungen sind berechtigt, das wissen die Klientinnen und Klienten aber nicht. Dafür braucht es haupt- und ehrenamtliche Schuldnerberater, die sehr gut ausgebildet sind.
Das Internet als Schuldenfalle
„Ich habe in der ersten Zeit bei der Schuldnerberatung sehr viele Schulungen bekommen“, erinnert sich Babina von der Heydt im SWR-Radio-Gespräch. Die vierfache Mutter hatte sich damals geärgert, wie leicht es für junge Menschen ist, an Kredite zu kommen. Das war ihr Impuls, sich in der Schuldnerberatung Stuttgart zu engagieren, die von der Evangelischen Gesellschaft (eva), der Caritas und von PräventSozial getragen wird. Die Kreditvergabe sei heute strenger, dafür gäbe es aber zahlreiche Möglichkeiten, im Internet einzukaufen und erst sehr viel später zu bezahlen – auch das kann zur Schuldenfalle werden, weiß Babina von der Heydt.
Sie hatte in all den Jahren Menschen aller Altersklassen vor sich und weiß, dass es nicht nur der Konsum ist, der einen in die Überschuldung treiben kann. „Ich habe eine Frau beraten, die chronisch krank war und permanent Sauerstoff bekommen musste. Die hatte dann eine Stromnachzahlung von 600 Euro.“ Bei einer anderen Klientin war es ein Erbe, dass sie besser ausgeschlagen hätte, weil es ihr mehrere hunderttausend Euro Schulden eingebracht hat.
Einigung mit den Gläubigern erreichen
Um Schulden zu regulieren, gibt es viele Wege, die Berater und Beraterinnen wie Babina von der Heydt mit den Beratenen gehen. „Wir versuchen mit Hilfe von Stiftungen einen Teil der Schulden zu bezahlen. Und helfen dabei, mit den Gläubigern einen Kompromiss zu finden.“ Manchmal sei auch der Weg in die Privatinsolvenz der Richtige: „Das ist jedoch ein sehr langer und sehr komplizierter Prozess“, weiß Babina von der Heydt.
Die studierte Theaterwissenschaftlerin mit Doktortitel mag die Vielfalt ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit und weiß es zu schätzen, dass sie darüber Einblicke in Lebenswirklichkeiten bekommt, die sie sonst nie kennengelernt hätte. „Mir ging es immer ziemlich gut im Leben, mit meinem Ehrenamt möchte ich etwas in die Gesellschaft zurückgeben“, sagt sie über ihre Motivation. Ans Aufhören denkt sie jedenfalls noch nicht. (ds)