eva-Vorstand fordert: Soziale Arbeit muss angemessen finanziert werden
Soziale Arbeit ist wichtig – dem dürfte jeder zustimmen. Doch wie wird diese Arbeit finanziert? Wer entscheidet, welche Leistungen angeboten werden und in welchem Umfang? Und was bedeutet das für einen Träger diakonischer Arbeit wie die Evangelische Gesellschaft (eva), die etwa 150 Dienste mit ganz unterschiedlichen Zielgruppen und Arbeitsschwerpunkten hat? Bei einem Pressegespräch haben zwei eva-Vorstandsmitglieder Licht ins Dunkel der Finanzierung sozialer Leistungen gebracht und dargestellt, was nötig ist, um die Arbeit der eva zu sichern.
Die Finanzierung ihrer Leistungen sei ein komplexes System, auf das die eva selbst beschränkten Einfluss habe, erläuterte der eva-Vorstandsvorsitzende Heinz Gerstlauer. Da gebe es Pflegesätze in teil- oder vollstationären Einrichtungen der Jugend- oder Altenhilfe und Monatspauschalen für ambulant betreutes Wohnen, die zwischen der eva und den Sozialleistungsträgern vereinbart werden. Oder Zuschüsse, die politisch ausgehandelt und einseitig vom jeweiligen Geldgeber festgelegt werden, zum Beispiel in der Suchthilfe, in der Sozialpsychiatrie oder für Projekte, oder Preise. Bei manchen Diensten würden verschiedene Finanzierungsarten kombiniert, die einander ergänzen: So gebe es Dienste, die Zuschüsse von Stadt und Bund mit Geldern von Stiftungen oder Spendenmitteln kombinieren, die die eva erhalten hat.
Kosten für soziale Arbeit durch öffentliche Gelder oft nicht gedeckt
Viel Zeit und Fachwissen sind nötig, um zunächst Gelder zu beantragen und später nachzuweisen, dass diese wie geplant verwendet worden sind: dass zum Beispiel Sachmittel gekauft wurden wie vereinbart und oder wie hoch die Zahl der beratenen Klienten war.
Trotz dieses hohen Aufwands seien die Kosten für die soziale Arbeit der eva durch die öffentlichen Gelder oft nicht gedeckt, berichtete der eva-Finanzvorstand Johannes Stasing. Deshalb bringe die eva daneben viele weitere Mittel ein: Mehr als 9.400 Spenderinnen und Spender haben die eva allein im Jahr 2012 mit über 2,6 Millionen Euro unterstützt, dazu kamen Vermächtnisse, Bußgelder und Gelder von Stiftungen in Höhe von mehr als 3 Millionen Euro. Zu den Geldern, die die eva-Spender einbringen, kommen Zeitspenden von etwa 900 Ehrenamtlichen. Ohne sie wäre die Arbeit der eva nicht möglich.
Wichtig sind die zusätzlichen Mittel nicht nur für die laufende Arbeit, sondern auch für neue Projekte: Diese werden oft zunächst mit einem großen Anteil von Spendenmitteln finanziert, wenn eva-Verantwortliche einen Hilfebedarf sehen. Auf Dauer kann die eva innovative Projekte nicht alleine finanzieren. Diese müssen später mit öffentlichen Mitteln finanziert werden. Falls das trotz aller Überzeugungsarbeit nicht gelingt, werden die Projekte eingestellt.
„Unsere Mitarbeitenden leisten gute Arbeit und benötigen guten Lohn"
„Um die Arbeit der eva zu sichern, ist es nötig, dass diese auskömmlich und nachhaltig finanziert wird“, forderte Stasing. Das bedeute zum einen: Das Geld müsse ausreichen, um die laufende Arbeit zu finanzieren. „Unsere Mitarbeitenden leisten gute Arbeit und benötigen guten Lohn. Wir müssen Sachmittel wie Computer bei Bedarf erneuern und auch die Immobilien in einem guten Zustand erhalten.“
Wichtig sei zum anderen, Gelder in die Rücklagen einzustellen. Wenn beispielsweise das Jugendamt weniger Kinder und Jugendliche als sonst üblich in ein Heim vermittelt, laufen die Kosten dieses Heims weiter und werden zum Teil nicht ersetzt. Viel Geld wird die eva in den nächsten Jahren auch benötigen, um ihre Immobilien auf einen neuen Stand zu bringen, weil die Brandschutzbestimmungen verschärft oder die Heimbauverordnung geändert worden sind. Dadurch müssen manche Bauten der eva grundlegend umgebaut werden. Die eva wurde vom Baurechtsamt unter anderem dazu verpflichtet, das Flattichhaus sowie das Immanuel-Grözinger-Haus (IGH) zu renovieren oder neue Gebäude zu erstellen. Falls das nicht geschieht, müssen diese beiden Häuser schließen. Damit müssten zwei wichtige Angebote für Kinder und Jugendliche (Flattichhaus) bzw. für ehemals wohnungslose Menschen (IGH) eingestellt werden. Neben diesen beiden Einrichtungen müssen weitere Häuser der eva saniert werden. Die Kosten dafür bis zum Jahr 2019 liegen bei insgesamt etwa 12,5 Millionen Euro.
Tarife für Gehälter und zusätzliche Kosten durch geänderte Gesetze müssen anerkannt werden
„In den vergangenen Jahren haben unsere Dienste gespart, wo es nur möglich war. Trotzdem wurden die Rücklagen der eva fast aufgezehrt, um die laufenden Kosten zu finanzieren“, bilanzierte Stasing. Denn diese Kosten würden jedes Jahr steigen: für die Gehälter, für Strom, Heizung, Mieten und andere Sachkosten. „Wir fordern von der Politik und den Kostenträgern, dass die Tarife für Gehälter anerkannt werden. Wenn die Tarife erhöht werden, müssen diese Steigerungen in vollem Umfang refinanziert werden“, sagte Heinz Gerstlauer. „Auch zusätzliche Kosten durch geänderte gesetzliche Rahmenbedingungen müssen den Trägern erstattet werden“, forderte der eva-Vorstandsvorsitzende. „Wir wollen nicht Reichtümer ansammeln, sondern die Arbeit für bedürftige Menschen auf Dauer sichern“, so Gerstlauer.