Um das Wohnprojekt Wasenstraße ging es beim Treff Sozialarbeit der eva am 26. November
Stuttgart. In Stuttgart-Wangen leben seit zwei Jahren Menschen in Wohngemeinschaften zusammen, die psychisch erkrankt sind. Beim Treff Sozialarbeit der Evangelischen Gesellschaft (eva), der am 26. November zum ersten Mal digital als Zoom-Konferenz mit knapp 90 Teilnehmern stattfand, haben die Verantwortlichen über das erfolgreiche Projekt berichtet, bei dem Sozialpsychiatrie und Wohnungsnotfallhilfe vor Ort kooperieren, um die Klientinnen und Klienten zu begleiten.
Das Eckhaus an der Wasenstraße in Stuttgart-Wangen ist seit Juli 2018 ein Heim für 20 Klientinnen und Klienten der eva geworden. Die Bewohner sind allesamt von verschiedenen psychischen Erkrankungen betroffen und haben es deshalb besonders schwer, auf dem extrem dichten Wohnungsmarkt in Stuttgart eine Bleibe zu finden. In der Wasenstraße werden die Männer und Frauen von Mitarbeitern der Eingliederungshilfe und der Wohnungsnotfallhilfe gemeinsam betreut – ein Novum, über das Miriam Höppner-Gerecke und Christoph Maier von den Ambulanten Diensten S-Mitte der eva und Maike Höger vom Sozialpsychiatrischen Wohnverbund der eva beim Treff Sozialarbeit berichtet haben. „Wir haben unterschiedliche Kompetenzen und lernen viel voneinander“, sagt Christoph Maier.
Die psychisch kranken Männer und Frauen leben in Wohngemeinschaften zusammen: Es gibt insgesamt sieben Wohnungen mit Zweier, Dreier und Vierer-WGs. Die Zimmer sind unmöbliert, die Bewohner müssen selbst für Bett und Schrank sorgen. Teilweise auch mit Hilfe der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter. Die Mitglieder des insgesamt fünfköpfigen Teams sind jedoch nicht immer vor Ort, sondern nur stundenweise im Büro in der Wasenstraße anzutreffen. „Die Bewohner leben dort in Eigenverantwortung. Es gibt keinen Reinigungs- und auch keinen Sicherheitsdienst“, sagt Miriam Höppner-Gerecke. Alkohol wird toleriert, massives Suchtverhalten jedoch nicht. „Auch die Psyche muss so stabil sein, dass sie das Zusammenleben nicht stört.“ Die Sozialarbeiter sind nicht nur Ansprechpartner für die Bewohner, die alle einen Miet- und einen Betreuungsvertrag unterschrieben haben, sie sind auch für die Nachbarn wichtige Kontaktpersonen, wenn es einmal laut geworden ist.
In den vergangenen zwei Jahren haben insgesamt 26 Bewohner in der Wasenstraße gelebt, acht Frauen und 18 Männer. Zwei der Bewohner arbeiten derzeit in Vollzeit, andere sind ohne Arbeit oder haben Minijobs. Der Großteil bleibt dort länger als ein Jahr, andere haben teilweise nur wenige Monate in ihrer WG verbracht. „Manche schätzen das gemeinschaftliche Wohnen, andere wollen so schnell wie möglich wieder weg. Wir haben auch einen Klienten, der nicht ausziehen will, obwohl er einen Wohnberechtigungsschein hat“, berichtet Miriam Höppner-Gerecke. Derzeit gibt es wieder freie Zimmer zu vergeben.
Maike Höger vom Sozialpsychiatrischen Dienst schildert den Fall der 35-jährigen Frau G., die unter paranoider Schizophrenie leidet und in der Wasenstraße lebt. Ihre inneren Stimmen befehlen ihr immer wieder, Möbel oder Geld wegzuwerfen, auf Zuggleisen zu spazieren oder nicht nur eine, sondern gleich zehn Packungen Mehl auf einmal zu kaufen. Deshalb hat Maike Höger Frau G. auch immer wieder beim Einkaufen begleitet. „Längerfristig sollte Frau G. einen vollstationären Platz bekommen, der ihr Tagesstruktur und Freizeitangebote bietet“, so Maike Höger. Für Frau G. wird die WG in der Wasenstraße wohl nur eine Übergangslösung sein.
Im Team der Sozialarbeiter werden die Fälle und Klientinnen unter der Frage besprochen: Was braucht dieser Mensch und wie erreichen wir ihn? Dabei spielt auch die Art der finanziellen Hilfe eine wichtige Rolle: Die Überführung von Hilfen nach Paragraf 67 SGB XII, für Menschen, die unter besonderen sozialen Schwierigkeiten leiden und denen Wohnungslosigkeit droht, hin zu Eingliederungshilfen für psychisch Kranke. „Die Bezugspersonen bleiben für unsere Leute dieselben, auch wenn die Art der Hilfen sich ändert“, sagt Christoph Maier. „Das ist gut so.“ (ds)