„Die Würde des Menschen ist unantastbar“, heißt es in Artikel 1 des Grundgesetzes. Das Recht auf Leben ist Teil dieser Würde. Das Recht auf Selbstbestimmung ebenso. Aber gibt es das Recht auf einen selbstbestimmten Tod? Die Meinungen zum Thema Sterbehilfe gehen weit auseinander. Über das Pro und Contra diskutierten Fachleute beim Treff Sozialarbeit der Evangelischen Gesellschaft (eva) am Donnerstag, 23. April. Das Thema lautete: „Der sanfte Tod. Warum aktive Sterbehilfe (k)eine Lösung ist“.
Auch die emotional geführte Bundestagsdebatte im November 2014 hat gezeigt: Beim Thema Sterbehilfe gibt es keine einfachen Antworten. Angestoßen wurde eine breite gesellschaftliche Debatte über die Begleitung sterbender Menschen am Lebensende. Die Frage, ob ein „assistierter Suizid“ gesetzlich erlaubt sein soll, wird seither kontrovers diskutiert.
Ein spezielles Sterbehilfe-Gesetz gibt es in Deutschland bislang nicht. Nach geltendem Recht ist die aktive Sterbehilfe, insbesondere die Tötung auf Verlangen, verboten. In einer rechtlichen Grauzone bewegt sich die Beihilfe zum Suizid. Umfragen zeigen, dass die Mehrheit der Deutschen eine rechtlich geregelte Sterbehilfe befürwortet. Doch die Politik tut sich schwer mit einem entsprechenden Gesetz.
Sterbehilfe-Gesetz - ja oder nein?
Welche Bedenken treiben die Gegner eines neuen Sterbehilfe-Gesetzes um? Was sagen die Befürworter? Welche Rolle spielt die Palliativmedizin? Und wie wird die Debatte von Fachleuten beurteilt, die in Hospizen totkranke Menschen auf dem Weg aus dem Leben begleiten? Über diese Fragen diskutierten beim Treff Sozialarbeit zwei Fachfrauen: Pfarrerin Elisabeth Kunze-Wünsch, Gesamtleiterin des Hospizes Stuttgart, sowie die Juristin Sonja Schmid, die sich ehrenamtlich in der Gesellschaft für humanes Sterben engagiert.
Und so schienen die Positionen der beiden auch unvereinbar zu sein. Pfarrerin Elisabeth Kunze-Wünsch lehnte einen „assistierten Suizid“ aus sehr grundsätzlichen Erwägungen heraus ab und plädierte vielmehr für einen Ausbau der „Palliativ Care“ und der Sterbebegleitung. Die Juristin Sonja Schmid hingegen sprach sich für das Selbstbestimmungsrecht jedes Menschen bis zum Lebensende aus. Und dies schließt nach ihrer Auffassung auch ein, über Zeitpunkt und Art des eigenen Todes entscheiden zu können.
Einig waren sich beide Referentinnen, dass es bei dieser schwierigen und komplexen Problematik keine Standardlösungen geben kann: Auch Sonja Schmid lehnt einen assistierten Suizid bei Menschen mit einer schweren psychischen Erkrankung ab, die sich in einem – vermutlich vorübergehenden – Stimmungstief den Freitod wünschen.
Plädoyer für ein "sowohl als auch"
In der anschließenden Diskussion sprachen sich mehrere Teilnehmer grundsätzlich für ein „sowohl als auch“ aus: Auf der einen Seite sei es dringend notwendig, die „Palliativ Care“ auszubauen und Ethikkomitees und „Runde Tische“ in Pflegeheimen und Krankenhäusern zu installieren. Auf der anderen Seite war aber auch Verständnis dafür da, dass sich Menschen in bestimmten Lebenslagen wie einer quälenden Krankheit ohne Aussicht auf Besserung für einen assistierten Suizid entscheiden.
Keinen Widerspruch gab es für Elisabeth Kunze-Wünsch, als sie betonte, wie wichtig es sei, sich schon frühzeitig mit dem eigenen Tod und dem eigenen Sterben auseinanderzusetzen. Und sie forderte auf: „Leben Sie intensiv! Jetzt!“