eva bietet Spielhallen in Baden-Württemberg Spielerschutz-Schulungen an
Die Fachstelle Glücksspiel und Medienkonsum der Evangelischen Gesellschaft (eva) berät und behandelt pathologische Glücksspieler und ihre Angehörigen; sie ist daran interessiert, das Glücksspielverhalten einzudämmen. Spielhallenbetreiber wollen dagegen, dass möglichst viel gespielt wird. Damit haben sie zunächst kein Interesse daran, süchtige Spieler auszuschließen. Trotzdem kooperiert die eva seit 1999 mit Glücksspielanbietern im Bereich Spielerschutz. Seit Mai 2013 bietet sie Spielhallenbetreibern Seminare an, in denen diese zum Spielerschutz geschult werden. Daneben können Betriebe, die an Unternehmerseminaren teilnehmen, ein Sozialkonzept erhalten. Wieso lassen sich die beiden Seiten auf eine Zusammenarbeit ein? Diese Frage haben einige der Verantwortlichen jetzt bei einem Pressegespräch beantwortet.
Auch für Spielhallenbetreiber wichtig, dass Gäste nicht süchtig werden
In Baden-Württemberg gibt es nach Schätzungen der eva etwa 25.000 bis 30.000 pathologische Glücksspieler. Gut die Hälfte davon spielt hauptsächlich in Spielhallen oder an Automaten in Gaststätten. „Wer aktuelle Präventionskonzepte anbietet – und diesen Anspruch hat die eva – muss genau dorthin gehen, wo die Suchtgefahr besonders hoch ist“, erklärte Günther Zeltner, eva-Abteilungsleiter der Dienste für Prävention, Beratung und Behandlung.
Wenn Glücksspiel süchtig macht, führt das zunächst zu höheren Einnahmen für die Betreiber von Spielautomaten. Langfristig haben Spielhallenbetreiber dann allerdings keine Einnahmen mehr, denn die Gäste verlieren zu viel Geld, die Kontrolle über ihr Leben und vielleicht auch ihren Arbeitsplatz. Schon deshalb sei für die Spielhallenbetreiber wichtig, dass ihre Gäste nicht süchtig werden, sagte Georgios Sidirourgopoulos, Besitzer der Goldfinger Spielhallen in Stuttgart-Möhringen.
Für den Vater von drei Kindern ist der Spielerschutz auch deshalb wichtig, weil er Kinder und Jugendliche vor Glücksspielsucht schützen möchte. Er berichtete, dass er oft Anfragen von Vereinen bekomme, die möchten, dass sein Betrieb Jugendmannschaften Trikots spendet: „Das wird von uns kategorisch abgelehnt. Kinder, Jugendliche und Glücksspiel sollten streng voneinander getrennt werden“, so Sidirourgopoulos.
Glücksspielgesetz hat große Nachfrage nach Suchtberatung gebracht
Das legt auch das baden-württembergische Landesglücksspielgesetz fest, das seit 20. November 2012 gilt. Darin ist auch geregelt, dass die Suchthilfe an der Prävention im Glücksspielbereich mitwirkt: Alle Mitarbeitenden von Spielhallen, die Kontakt mit Spielgästen haben, müssen 14 Stunden lang durch eine Suchthilfeeinrichtung aus Baden-Württemberg geschult werden. Damit sollen die Kompetenzen der Suchthilfe auch in der Prävention eingesetzt werden. Gleichzeitig entsteht damit der Kontakt zwischen Suchthilfe und Glücksspielanbietern: problematisch spielende Gäste können schneller in eine Beratung und Therapie vermittelt werden.
Da die Fachstelle Glücksspiel und Medienkonsum der eva langjährige Erfahrungen mit Glücksspielsüchtigen und der Kooperation mit Glücksspielanbietern hat, hat das Landesglücksspielgesetz zu großer Nachfrage durch die Anbieter von Glücksspiel geführt. „Wir arbeiten aber nicht mit jedem zusammen, sondern erwarten, dass Anbieter den Spielerschutz ernsthaft, glaubwürdig und perspektivisch angelegt umsetzen“, sagte Petra Nägele, die bei der eva für den Spielerschutz zuständig ist. So legen ethische Regeln der eva-Fachstelle Glücksspiel und Medienkonsum unter anderem fest, dass Glücksspielanbieter ihre Kunden transparent über ihre Produkte, Gewinnchancen und Verlustrisiken informieren und ein System der Kundenbeschwerde haben. Umsatzrückgänge bei Maßnahmen des Spielerschutzes müssen sie akzeptieren.
Durch langfristige Verträge bleibt Spielerschutz keine Eintagsfliege
Die Verträge und Vereinbarungen der eva mit Anbietern von Glücksspiel laufen mehrere Jahre lang, sodass die Umsetzung des Spielerschutzes keine Eintagsfliege bleibt. Die etwa fünfzig Unternehmen, die von der eva ein Sozialkonzept bezogen haben, haben sich deshalb zu einer dreijährigen Zusammenarbeit verpflichtet. Trotz dieser Einschränkungen hat die Fachstelle Glücksspiel und Medienkonsum seit Mai 2013 etwa 150 so genannte Basisschulungen durchgeführt. Daran teilgenommen haben knapp 2000 Frauen und Männer aus ganz Baden-Württemberg – sowohl Servicefachkräfte als auch einzelne Spielhallenbetreiber.
Die Trainerinnen und Trainer haben eine Vielfalt an Haltungen erlebt: von „ich weiß gar nicht, was das soll, die Gäste wollen doch nur spielen“ bis hin zu informierten, sehr interessierten Teilnehmenden, die berichtet haben, wie sie sich um Problemspieler kümmern und den Spielerschutz umsetzen.
eva ist nach bisherigen Erfahrungen zuversichtlich
Der Spielerschutz werde allerdings nur nachhaltig, wenn die Chefs dahinter stehen und wenn es funktionierende Abläufe gibt, wie die Mitarbeitenden der Spielstätten auf problematische Gäste eingehen, so Petra Nägele. Deshalb qualifizieren die eva-Fachleute nicht nur das Servicepersonal, wie es das Landesglücksspielgesetz vorschreibt. Sie schulen auch die Betreiber von Spielhallen und deren leitende Angestellte.
„Bei uns ist das Sozialkonzept ein wichtiger Bestandteil für den Spielerschutz“, erklärte Francis Argauer. Die Sozialkonzeptbeauftragte von MSW Spiel + Freizeit berichtete, sie weise die Servicekräfte darauf hin, die Gäste anzusprechen, wenn sie zu viel spielen, und ihnen auch mal eine Pause vorzuschlagen. Für Günther Zeltner ist die Zusammenarbeit zwischen Spielhallenbetreibern und Suchtberatung ein richtiger Schritt: „Nach den bisherigen Erfahrungen sind wir zuversichtlich, dass die Unternehmen den Spielerschutz in die Praxis ihres Unternehmens integrieren.“