Mit-Gründer der Mobilen Jugendarbeit hat sich sein ganzes Leben lang regional, national und international für ausgegrenzte junge Menschen eingesetzt
Stuttgart. Prof. Dr. Walther Specht ist am 29. Januar im Alter von 82 Jahren verstorben. Er hat die Mobile Jugendarbeit mit gegründet. Prof. Specht war Zeit seines Lebens daran beteiligt, deren Ansatz national und international weiterzuentwickeln. Er war leidenschaftlich davon überzeugt, dass man jungen Menschen, die durch riskantes und gewaltbereites Verhalten auffällig werden, mit Zuwendung statt Ausgrenzung begegnen sollte.
Specht erinnerte sich fünfzig Jahre später daran, wie sein Einsatz für ausgegrenzte Jugendliche begonnen hatte. Er wurde 1967 als noch junger Sozialarbeiter von der Evangelischen Gesellschaft (eva) gefragt, ob er bereit wäre, in dem gerade neu entstehenden Stuttgarter Stadtteil Freiberg eine offene Form evangelischer Jugendhilfe im Stadtteil zu beginnen. Stuttgart-Freiberg machte zu dieser Zeit mit öffentlichen Schlagzeilen wie „wachsende Jugendkriminalität“ oder „Gewalt und Zerstörung durch Jugendliche“ auf sich aufmerksam. In der damaligen deutschen Jugendhilfepraxis war der Begriff Streetwork weitgehend unbekannt, es gab keine professionell ausgewiesene Streetwork-Praxis. Während seines Studiums hatte Specht in den USA von dem Konzept des Streetworks erfahren. „Ich zögerte nicht lange und sagte ziemlich rasch zu“, berichtete Specht. Er suchte auf den Straßen und Baustellen in Freiberg nach Jugendlichen, die in der Öffentlichkeit als „auffällig“, „gefährlich“ oder „gefährdet“ bezeichnet wurden. Sein Ziel war, „Gefallene wieder aufzurichten und andere vor dem Fallen zu bewahren.“ Aus diesen Ansätzen entwickelte sich später die Mobile Jugendarbeit Stuttgart, die heute von der Caritas Stuttgart, der eva sowie der evangelischen und katholischen Kirche getragen wird.
Specht engagierte sich in den folgenden Jahrzehnten zum einen in der praktischen Arbeit. Zum anderen arbeitete er das Konzept der neu entstehenden Mobilen Jugendarbeit fachlich fundiert aus und engagierte sich dafür, dass es international verbreitet wurde, unter anderem in Ost- und Südosteuropa, in Südamerika sowie in Afrika. Er engagierte sich leidenschaftlich für junge Menschen und wirkte dafür in der von ihm gegründeten Internationalen Gesellschaft für Mobile Jugendarbeit (ISMO), als Honorarprofessor an der Universität Tübingen, als Direktor in der Diakonie Deutschland und in Gremien wie der Nationalen Armutskonferenz mit. Seine Leitideen und fachlichen Überzeugungen sowie seine Apelle, sich gegen Ausgrenzung und für benachteiligte junge Menschen politisch Gehör zu verschaffen, bleiben lebendig.
Prof. Specht wird am Donnerstag, 4. Februar, um 11 Uhr in Sternenfels beigesetzt. (uli)