Er war Unternehmer und überzeugter Christ, Fabrikant, Sozialreformer und ehrenamtlicher Armenpfleger: der 1849 geborene und 1925 gestorbene Paul Lechler. Noch heute unterstützt die nach ihm benannte Stiftung soziale Projekte. Seit 2008 vergibt die Stiftung daneben jährlich den Paul-Lechler-Preis. Dieses Jahr haben zwei Einrichtungen die insgesamt 50.000 Euro erhalten: Die Evangelische Gesellschaft (eva) sowie die Dorfgemeinschaft Kiebingen. Die eva wurde für ihr Projekt „Hilfen für gerontopsychiatrisch Erkrankte zu Hause“ ausgezeichnet, die Dorfgemeinschaft Kiebingen für ihr Projekt „Ein Dorf gestaltet den Generationenvertrag“. Der Preis wurde am Abend des 26. März bei einem Festakt im Stuttgarter Hospitalhof verliehen, der unter dem Motto „In Würde altern“ stand. Die eva erhielt 30.000 Euro, die Dorfgemeinschaft Kiebingen 20.000 Euro.
Die Betroffenen unterstützen, die Angehörigen entlasten
In ihrem Projekt „Hilfen für gerontopsychiatrisch Erkrankte zu Hause“ unterstützen die Ambulanten Hilfen für Ältere der eva Menschen mit Demenz und deren Angehörige sowie andere gerontopsychiatrisch Erkrankte. Dafür schulen und begleiten die hauptamtlichen Mitarbeitenden Ehrenamtliche und freiwillige Helfer. Diese ermöglichen den Betroffenen, weiter zu Hause zu leben, entlasten Angehörige und unterstützen Betroffene wie Angehörige dabei, weiter an der Gemeinschaft teilzunehmen.
Die Zahl demenzkranker und anderer gerontopsychiatrisch erkrankter Menschen wird aufgrund der demographischen Entwicklung weiter erheblich zunehmen. Allein durch professionelle Unterstützungsangebote kann dieser Entwicklung nicht begegnet werden. Zudem zeigen die Erfahrungen der eva-Fachkräfte, dass die Hilfe durch Ehrenamtliche und freiwillige Helfer besondere Qualitäten mit sich bringt.
Ehrenamtliche helfen einsamen älteren Menschen aus der Isolation
Was das konkret bedeutet, erläuterten die Preisträger beim Festakt am 26. März. Die Frauen und Männer, die bei der eva ehrenamtlich tätig sind, helfen vielen Menschen aus der Isolation, indem sie Normalität sowie ihre eigene Lebenswelt in das Leben der Betroffenen bringen. Viele dauerhafte, teils auch freundschaftlich geprägte Beziehungen entstehen auf diese Weise. Für die ehrenamtlich Tätigen ist es möglich, zwischen Einsätzen in unterschiedlichen Bereichen zu wechseln oder auch in mehreren Bereichen tätig zu sein. Ihr Einsatz bereichert zudem ihr eigenes Leben und bringt die Vielfalt des Lebens demenzkranker und anderer älterer Menschen auch ihren Familien und Freunden nahe.
Der zweite Preisträger, die Dorfgemeinschaft Kiebingen, stellte beim Festakt das Projekt „Ein Dorf gestaltet den Generationenvertrag“ vor. Ziel der Dorfgemeinschaft ist, dass ältere Bewohner in der 2050-Einwohner-Gemeinde bleiben können, möglichst in der eigenen Wohnung. Dafür wurden eine Nachbarschaftshilfe sowie eine Alltagsbegleitung eingerichtet. Daneben sind ein Bürgertreff sowie eine selbst organisierte Wohngemeinschaft für Ältere im Dorfzentrum im Bau. Die künftigen zehn bis zwölf Mieter diese Wohngemeinschaft sollen einmal selbstbestimmt entscheiden, wer dort wohnt sowie wer sie alle pflegt und betreut.
Projekte sind "genau die richtigen Wege", um Demenzerkrankte zu integrieren
Der Chefarzt der Tübinger Tropenklinik Paul-Lechler-Krankenhaus, Dr. Johannes-Martin Hahn, würdigte in seiner Festansprache die beiden Preisträger. Ihre Projekte seien „genau die richtigen Wege, wie Demenzerkrankte in die Gesellschaft integriert werden können“. Diese Menschen seien im späten Stadium meist nicht mehr in der Lage, ihre Bedürfnisse zu artikulieren. Ein würdevoller Umgang mit ihnen gelinge dann durch Wissen über ihre Krankheit und dadurch, die Welt der Kranken ernst zu nehmen. So könnten die Kranken Wertschätzung erfahren.
„Wir versuchen, viel Normalität und menschliche Wärme in die Arbeit mit demenziell und gerontopsychiatrisch Erkrankten einfließen zu lassen“, berichtete Martin Schneider von den Ambulanten Hilfen für ältere Menschen der eva. Ein großes Anliegen der hauptamtlichen Mitarbeitenden sei, bürgerschaftliches Engagement zu wecken. „Freiwillig Tätige sind hoch motiviert und geben den älteren Menschen, aber auch uns Hauptamtlichen, viel.“ Agnes Dorothée Keller, Mitarbeiterin der Begegnungsstätte für ältere Menschen der eva, berichtete: „Für manche Besucher sind wir der einzig noch verbliebene Kontakt zum Alltag.“