Patienten der Schneiderwerkstatt der PBV Stuttgart nähen jetzt Alltagsmasken statt Festkleider – auch im Rudolf-Sophien-Stift und von vielen Ehrenamtlichen werden Masken für die eva genäht – weitere Masken sind dringend für die soziale Arbeit nötig
Stuttgart. Normalerweise nähen sie Fest-Kleider für kleine Mädchen und für die Gäste von Hochzeiten, Hemden oder Hosen für den eigenen Bedarf. Seit Mitte März haben die Mitglieder der Schneiderwerkstatt der PBV Stuttgart ihre Produktion geändert, nun stellen sie Alltagsmasken her. Die Masken sollen nicht nur ihnen selbst Sicherheit und Bewegungsfreiheit schenken, sondern auch den anderen Patientinnen und Patienten der „Psychologischen Beratungsstelle für politisch Verfolgte und Vertriebene“ der Evangelischen Gesellschaft (eva) und deren Familien. Auch hauptamtliche eva-Mitarbeitende oder andere Projekte wie die Hauswirtschaftsgruppe der Werkstatt des Rudolf-Sophien-Stifts (RRSS) und Ehrenamtliche der Stuttgarter Vesperkirche nähen Masken für Dienste der eva und des RRSS. Die Masken werden dringend für die soziale Arbeit benötigt. Deshalb freut sich die eva über alle, die weitere Alltagsmasken nähen und spenden. Mehr als 1.100 Masken sind in den vergangenen beiden Wochen in der eva-Zentrale angekommen, nicht nur aus Stuttgart, sondern auch dem Norden Deutschlands und sogar aus der Tschechischen Republik.
Fähigkeiten der Patientinnen und Patienten werden aktiviert
„Das Nähen macht unheimlich Spaß, weil es sehr sinnvoll ist“, sagt Ayfer Ö. aus der Türkei. Sie ist eine von über zwanzig Frauen und Männern, die regelmäßig in der Schneiderwerkstatt der PBV Stuttgart mitarbeitet. Torsten Licker, der die Reha-Angebote der PBV leitet, berichtet: „Das Nähen der Masken war eine spontane Idee, die Mitte März 2020 entstanden ist, als die Landesregierung den Corona-Shutdown in Baden-Württemberg verordnet hat. Zwar hat es zu dieser Zeit noch keine Maskenpflicht gegeben. Doch die PBV Stuttgart wollte sicherstellen, dass auch bei möglichen Ausgangsbeschränkungen die dringendsten Patientenkontakte weiterhin möglich sind.“ Deshalb sei die Idee entstanden, an die Patientinnen und Patienten eigene Community-Masken auszugeben – die auch gleich selbst genäht werden. Seitdem treffen sich jeweils höchstens drei Patientinnen und Patienten mit der ehrenamtlichen Leiterin der Gruppe, um etwa 25 bis 30 Masken pro Tag zu nähen.
Die PBV berät und behandelt traumatisierte Flüchtlinge und Vertriebene sowie Migrantinnen und Migranten mit psychoreaktiven Störungen. Dazu gehört, deren Fähigkeiten zu aktivieren. Ziel ist, dass die Patientinnen und Patienten wieder Normalität erleben – ob in der Schneiderwerkstatt oder bei Angeboten aus den Bereichen Sport, Kunst und Kunsthandwerk. Die Schneiderwerkstatt wurde schon 2007 von einer kongolesischen Patientin initiiert. Unter den Teilnehmern sind heute auch professionelle Schneider aus Kamerun, Pakistan, der Türkei und dem Irak. Zaytun A. aus dem Nord-Irak fühlt sich wohl bei der Arbeit hier; die Masken näht sie auch aus einem anderen Grund: „Ich möchte Deutschland etwas zurückgeben, weil es mich so gut aufgenommen hat.“
Im Rudolf-Sophien-Stift näht die Hauswirtschaftsgruppe
Auch die Beschäftigten der Hauswirtschaftsgruppe des Rudolf-Sophien-Stifts, einem Unternehmen der eva-Gruppe, nähen Masken. Etwa 800 Stück haben die drei Frauen sowie ein Mann seit Anfang April fertig gestellt. „Die Arbeit macht ihnen Spaß“, berichtet Sabine Mendl, die die Gruppe leitet. Und sie ist sinnvoll, denn allein in den Werkstätten des RRSS arbeiten 500 psychisch kranke Frauen und Männer, die jeweils drei Masken brauchen, damit diese regelmäßig gewaschen werden können.
Auch Ehrenamtliche spenden Masken
Etwa 300 Masken haben fünf Ehrenamtliche rund um Waltraud Stehle seit Anfang Mai für die Beschäftigten und Mitarbeitenden des RRSS genäht. Die ehemalige Krankenschwester engagiert sich ehrenamtlich für die Vesperkirche und hatte von der Diakoniepfarrerin gehört, dass das RRSS dringend Masken benötigt. Die Näherinnen selbst und viele Bekannte haben Stoff gespendet, vom ausrangierten Baumwoll-Herrenhemd bis zur Damast-Bettwäsche in bester Aussteuer-Qualität. „Das ist der Beitrag, den ich leisten kann für die Gesellschaft in diesen schrecklichen Corona-Zeiten“, sagt Waltraud Stehle. (uli)
Wer Alltagsmasken nähen und spenden und damit Klienten oder Bewohnerinnen von Einrichtungen etwas mehr Bewegungsfreiheit schenken möchte:
Die Masken können gerne direkt an die Evangelische Gesellschaft, Kommunikation – Freunde und Förderer, Büchsenstr. 34/36, 70174 Stuttgart geschickt oder vor Ort abgegeben werden. Mehr Infos gibt’s unter Telefon 07 11.20 54-344 oder per E-Mail an spenden@eva-stuttgart.de.