Die Fachkräfte der ambulanten psychiatrischen Pflege kommen weiter zum Hausbesuch
Stuttgart. Wenn Birgit Hofmann oder eine ihrer Kolleginnen von der ambulanten psychiatrischen Pflege nicht kommen würden, dann hätten viele ihrer Patientinnen und Patienten überhaupt keinen Kontakt zur Außenwelt. Im Moment betreut dieser Dienst der Evangelischen Gesellschaft (eva) 48 Menschen in Freiberg, Feuerbach und Weilimdorf sowie 83 weitere in Birkach und Möhringen; zur Caritas Stuttgart gehört ein vergleichbarer Pflegedienst in Stuttgart Mitte/Süd. Die Frauen und Männer sind psychisch erkrankt, leben aber in ihrer eigenen Wohnung. „Unsere Leute fühlen sich oft sehr einsam, wir sind ihre einzigen Ansprechpartner“, berichtet Birgit Hofmann.
Bei den Besuchen, die mal nur fünf Minuten und mal eine dreiviertel Stunde dauern, geht es darum, die Medikamenteneinnahme zu überprüfen und das Befinden der Patientinnen und Patienten einzuschätzen. Das soll akute Krisen verhindern. Manche der Frauen und Männer müssen bei der Körperpflege unterstützt werden. Für andere ist wichtig, dass die Fachkräfte auch mal in den Kühlschrank schauen und nachfragen, ob er oder sie heute schon etwas gegessen hat. Nach einem stationären Aufenthalt in der Psychiatrie schauen die Fachkräfte zwei Mal am Tag vorbei, um die Klienten beim Übergang in den Alltag zu begleiten.
Corona macht für Birgit Hofmann die Arbeit komplizierter. Jetzt muss sie manchmal erklären, dass sie gerade lächelt – was die Patienten wegen ihres Mund-Nasen-Schutzes nicht sehen können. Die Krankenschwester und ihre Kolleginnen testen sich selbst zwei Mal in der Woche auf Corona und halten so gut es geht Abstand bei ihren Besuchen in den Wohnungen. Viele der Klientinnen und Klienten tragen in ihren Wohnungen nicht gerne Masken oder welche, die eigentlich entsorgt gehörten. Für den Kontakt mit den Fachkräften der ambulanten psychiatrischen Pflege erhalten sie jetzt von diesen medizinische Masken. „Manche Gespräche führen wir auch draußen oder gehen spazieren“, sagt Birgit Hofmann. Die Fachkräfte lassen sich viel einfallen, um die Besuche so sicher wie möglich zu gestalten. Sie gar nicht mehr zu machen wäre keine Alternative: Ohne die Besuche der ambulanten psychiatrischen Pflege wäre für die Patienten kein selbständiges Leben möglich.
Die meisten Tagesangebote in den Gemeindepsychiatrischen Zentren der Stadt sind derzeit gestrichen – was den oft eintönigen Alltag der psychisch Erkrankten noch ereignisloser werden lässt. In Freiberg ist die Terrasse noch offen für Besucher, Menschen können anrufen oder vorbeikommen, um sich dann mit Mitarbeitenden zu verabreden.
Eva Gebhard, die ebenfalls in der ambulanten psychiatrischen Pflege der eva arbeitet, absolviert am Wochenende bis zu 36 Hausbesuche an einem Tag. Wie oft sie dazwischen ihre Hände desinfiziert nach dem Anfassen von Türklinken, Aufzugsknöpfen, der Autotür, zählt sie gar nicht mehr. Was ihr weiterhin auffällt: „Viele Patienten sind jetzt noch viel bedürftiger als vor Corona, weil so viele Angebote wegfallen.“ (uli)
Info:
Psychisch erkrankte Menschen in Stuttgart, die zu Hause Hilfe benötigen, können sich direkt wenden an:
- Ambulante psychiatrische Pflege der eva, Tel. 07 11.8 49 49 10,
app-freiberg@eva-stuttgart.de - Ambulante psychiatrische Pflege der Caritas, Tel. 07 11.5 92 04 16,
HPFPK@caritas-stuttgart.de