Acht Bundestagskandidatinnen und -kandidaten haben vor Mitarbeitenden der eva ihre Positionen zu eva-spezifischen Fragestellungen dargelegt.
„Prüfet alles und behaltet das Gute“ lautet die Jahreslosung in diesem Jahr. Mit diesem Bibelvers hat Pfarrer und eva-Vorstandsvorsitzender Klaus Käpplinger die Veranstaltung „eva im Gespräch“ eröffnet, die elf Tage vor der Bundestagswahl den Kandierenden für die Wahlkreise Stuttgart 1 und Stuttgart 2 ein Forum geboten hat. Bei dem von Daniel Rezanek von der eva moderierten Gespräch haben Dietmar Bulat und Lucia Schanbacher von der SPD, Anna Christmann und Simone Fischer vom Bündnis 90/Die Grünen, Aynur Karlikli und Luigi Pantisano von den Linken, Elisabeth Schick-Ebert (CDU) und Mark Wieczorrek (FDP) vorgetragen, was sie zum Prinzip der Subsidarität und zur Trägervielfalt, zu Veränderungen in der Sozialgesetzgebung und zu Wegen aus dem Fachkräftemangel zu sagen haben.
Zu den einzelnen Themenblöcken haben leitende Mitarbeitende der eva eingeführt. Cathrin Maier, die den Bereich Jugendsozialarbeit bei der eva leitet, hat der Runde aus Politikern und Zuhörenden im vollbesetzten Großen Saal der eva eindrücklich dargelegt, warum Trägervielfalt und das Prinzip der Subsidariät (der Staat tritt eine Aufgabe an eine kleinere Einheit, einen freien Träger ab) notwendig ist. Die Mobile Jugendarbeit, die in den einzelnen Stadtteilen stark in der Zivilgesellschaft verankert sei, dürfe in Ihrer Trägerschaft mit eigener Stimme auch laut und unbequem sein. Die Vielfalt der Träger sei ein Schatz, lobte Simone Fischer (Grüne), auch sonst gab es keine Gegenreden von den anwesenden Bundestagskandierenden. Mark Wieczorrek (FDP) stimmte zu, dass der Staat nicht alles schaffen könne, plädierte jedoch dafür, die Berichtspflicht bei sozialen Trägern zwei Jahre lang komplett abzuschaffen, um dann zu prüfen, „wie effektiv Gelder eingesetzt werden“.
FDP: Wir planen keine Streichungen im Sozialetat
Luigi Pantisano (Linke) bestand auf der Gleichbehandlung aller Beschäftigen: „Gleicher Lohn für Alle“, egal ob sie bei einem diakonischen Träger oder bei der Kommune beschäftigt seien. Auf die Frage von Anna Christmann, wie CDU und FDP eigentlich die Trägervielfalt erhalten wollten, wenn sie doch gleichzeitig Steuersenkungen versprechen würden, antwortete der Kandidat der FDP: „In unserem Programm gibt es keine Streichungen beim Sozialetat.“ Elisabeth Schick-Ebert (CDU) verwies auf Ineffizienz im System, deren Abschaffung Gelder freisetzen würde und darauf, dass zuviele Bürgergeldbezieher gar nicht arbeiten wollten.
Den zweiten Themenblock hat Christoph Maier-Nakos, Bereichsleiter der Ambulanten Hilfe Mitte, inhaltlich vorbereitet. Er berichtete darüber, dass 2/3 der Klientinnen und Klientin der Wohnungsnotfallhilfe psychisch erkrankt seien, dafür aber unterschiedliche Systeme in der Sozialgesetzgebung zuständig seien „Bislang wird jeder Bereich isoliert betrachtet, doch nur mit verbundenen Hilfen kann nachhaltig reagiert und geholfen werden.“
SPD: Säulen der Sozialgesetzgebung einreißen
Lucia Schanbacher (SPD) führt die Bürgergeldreform als positives Beispiel an, wo Systeme vereinfacht worden seien. Anna Christmann (Grüne) plädiert für eine stärkere Digitalisierung, um die Bürokratie zu vereinfachen. Für Dietmar Bulat (SPD) ist das zuwenig, er möchte die „Säulen der Sozialgesetzgebung einreißen, um den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen“.
Zum Fachkräftemangel, dem dritten Block, machte Axel Glühmann klar (Abteilungsleiter Dienste für Menschen in Armut, Wohnungsnot und Migration), dass der Rückgriff auf Leihkräfte in der Pflege jetzt schon notwendig ist, die Kosten dafür aber zu hoch sind und es durch den häufigen Wechsel zu weniger stabilen Bindungen komme. Co-Abteilungsleiterin Christa Musch ergänzte, dass in den von der eva betreuten Unterkünften für Geflüchtete sehr gut ausgebildete Menschen über Jahre nicht tätig werden dürften, so lange ihr Antrag auf Asyl nicht entschieden sei. Anna Christmann (Grüne) schlug vor, den Prozess doch umzudrehen: Ein Arbeitgeber sollte das Recht haben, einen Asylsuchenden einzustellen, das Amt hätte vier Wochen Zeit, dagegen Einspruch zu erheben.