Mobile Jugendarbeit ist an den Wochenenden in der Innenstadt präsent - Jugendliche wünschen sich Freiheit und ein normales Leben
Stuttgart. Die Wärme nimmt zu, die Menschen wollen wieder raus auf die Straße. Und dürfen es wegen der Pandemie nur sehr eingeschränkt. Das ist für alle nervenaufreibend, besonders aber für junge Menschen. Vier von fünf Kindern und Jugendlichen fühlen sich durch Corona belastet, hat eine Studie des Uniklinikums Hamburg-Eppendorf ergeben. Das berichten auch die Streetworker der Mobilen Jugendarbeit (MJA) Stuttgart, die seit November 2020 in der Innenstadt unterwegs waren – auch an den vergangenen beiden Wochenenden.
„Die jungen Leute sind voller Energie und aufgestautem Frust, der sich schnell entladen kann“, sagt Simon Fregin, der Leiter der MJA Innenstadt. Sie seien Corona-müde, wünschten sich Freiheit und ein normales Leben. Diese Gefühle würden von der Jugend extremer und grenzenloser ausgelebt als von vielen Erwachsenen. Da könne die Stimmung schnell kippen. „Trotzdem hatten wir an den vergangenen beiden Wochenenden sehr gute Gespräche mit den Kids“, berichtet Fregin. „Damit wirken wir schon im Vorfeld präventiv.“ Die Jugendlichen kommen nicht nur aus Stuttgart, sondern aus der ganzen Region – wie in der Zeit vor Corona auch. Die Jugendlichen, die die Streetworker angesprochen haben, kamen neben den Stuttgarter Stadtteilen Stammheim, Weilimdorf, Zuffenhausen und Bad Cannstatt auch aus Bietigheim, Kornwestheim und Heilbronn.
Am vergangenen Wochenende ist die Stimmung in der Innenstadt zum Teil gekippt, vereinzelt flogen Gegenstände und Flaschen. Das Team der MJA konnte manche jungen Leute davon abhalten, sich daran zu beteiligen. „Wir haben in einer Schlägerei deeskalieren können. Und wir konnten einen jungen Mann dazu bewegen, einen Stein wieder hinzulegen, den er werfen wollte“, berichtet Fregin.
Hoffnung auf Lockerung der Corona-Einschränkungen in den kommenden Wochen
„Uns beschäftigt, wie die massiv vorhandene Energie bei den jungen Leuten sich in positive Bahnen lenken lässt“, sagt Klausjürgen Mauch, bei der Evangelischen Gesellschaft (eva) zuständig für die MJA. „Wie können wir Angebote gestalten, die dem Bedarf entgegen kommen, etwas zu erleben?“ Fast alles, um die Energie positiv zu kanalisieren, sei kaum umsetzbar. „Wir würden gerne in Gruppen mit Jugendlichen etwas unternehmen, doch das ist im Moment fast unmöglich. Wir hoffen sehr, dass die Corona-Einschränkungen in den kommenden Wochen gelockert werden können. Denn niemand will die Eskalation, auch die jungen Menschen nicht.“
„Am kommenden Wochenende wird die Anzahl unserer Mitarbeitenden verstärkt, die in der Innenstadt sind“, berichtet Jutta Jung, die bei der Caritas für die MJA zuständig ist. Das Team werde noch sichtbarer sein als bisher. „Wir haben vor, Anlaufstellen am Eckensee und am Schlossplatz anzubieten, die wir mit Beachflags sichtbar machen.“ (uli)