In Weilimdorf wurde die „Lernwerkstatt“ für junge Geflüchtete ohne Schulerfahrung eröffnet - eva ist mit Schulsozialarbeit an diesem Leuchtturmprojekt beteiligt
Sie sind zwischen 11 und 14 Jahre alt und sind doch bislang gar nicht oder nur zeitweise zur Schule gegangen. In der kürzlich offiziell und mit viel Prominenz eröffneten Lernwerkstatt können die Teilnehmenden jetzt schreiben, lesen und rechnen lernen, bekommen gleichzeitig auch digitale Kompetenzen mit auf den Weg und lernen, wie das Leben in Deutschland funktioniert. Die 36 Kinder und Jugendlichen, die in den farbenfroh und freundlich renovierten ehemaligen Büroräumen von Vector in Weilimdorf die Lernwerkstatt besuchen, kommen aus Afghanistan, dem Iran, Rumänien oder Syrien. Die meisten leben in einer großen Flüchtlingsunterkunft in unmittelbarer Nachbarschaft.
In der Lernwerkstatt bekommen sie nicht nur Unterricht, den Lehrkräfte der Gemeinschaftsschule Weilimdorf sehr individuell und in kleinen Gruppen halten. Fachkräfte der Mobilen Jugendarbeit der Evangelischen Gesellschaft (eva) leisten Sozialarbeit vor Ort, die Initiative „Art helps“ bietet Kunstprojekte an, der Sportkreis Stuttgart sorgt für Bewegungseinheiten. „Wir sind gefordert, das Potential dieser Kinder, die auf der Flucht oft traumatische Erlebnisse hatten, zu fördern und ihnen eine passgenaue Unterstützung zu geben“, sagte Kultusministerin Teresa Schopper bei der Eröffnung. Die Bildung, die die Kinder und Jugendlichen in der Lernwerkstatt erfahren, ist vielfältig: Alltags- und kulturelle Kompetenz gehört genauso dazu wie Demokratiebildung. „Wir würden diese Kinder aufgeben, wenn wir sie nicht in einer Form wie in der Lernwerkstatt beschulen würden“, so Isabel Fezer, Bildungsbürgermeisterin der Stadt Stuttgart.
Das Modellprojekt soll Schule machen
Als Leuchtturmprojekt, das Schule machen und kein singuläres Angebot bleiben soll, so wurde die Lernwerkstatt bei der offiziellen Eröffnung vor 120 geladenen Gästen von Ministerin Schopper eingeordnet. Die Vector-Stiftung stellt die über zwei Stockwerke verteilten Räumlichkeiten fünf Jahre lang mietfrei zur Verfügung und hat auch den Umbau finanziert, zudem haben noch viele weitere Stiftungen Geld für die Lernwerkstatt gegeben.
Der Tag in der Lernwerkstatt beginnt mit einem Frühstück, auch das Mittagessen nehmen die Schülerinnen und Schüler dort ein, erst um 16 Uhr endet der „Werkstatt-Tag“. Die Zeit wird intensiv genutzt, schließlich ist das Ziel dieses Modellprojekts, die Kinder schrittweise ins herkömmliche Schulsystem zu integrieren. Die ersten Schülerinnen und Schüler sind schon im Herbst gestartet, bis zu 60 Kinder werden im Lauf des Jahres hier lernen und Selbstwirksamkeit erfahren. „Die Karten an der Wand sind für unsere Schüler sehr wichtig – um zu zeigen, woher sie kommen und welchen Weg sie zurückgelegt haben“, sagt Yvonne Schütz, die bei der Abteilung Bildungspartnerschaft der Stadt Stuttgart arbeitet und die Lernwerkstatt mit auf den Weg gebracht hat.