Leiterin des Stuttgarter Jugendamts skizziert beim Treff Sozialarbeit Herausforderungen der Zukunft

Seit gut einem Jahr leitet Katrin Schulze das Jugendamt Stuttgart. Beim Treff Sozialarbeit der Evangelischen Gesellschaft (eva) hat die 59-Jährige über ihre Herzensprojekte berichtet, die Herausforderungen der Zukunft skizziert und Fragen aus dem Publikum beantwortet.

„Man merkt, dass Ihnen die Kinder- und Jugendhilfe sehr am Herzen liegt“, war das Fazit von Daniel Rezanek, der den Treff Sozialarbeit der eva moderiert, am Ende des Besuchs von Katrin Schulze. Seit gut einem Jahr leitet diese das Stuttgarter Jugendamt, das mit fast 5.000 Beschäftigten das größte Amt der Landeshauptstadt ist. 

Zuvor hat die zweifache Mutter rund dreißig Jahre Erfahrung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe gesammelt. Als Teilzeit-Mitarbeiterin in einem Hort begann 1994 ihre Laufbahn beim Jugendamt. Eine Zeit, in der arbeitende Mütter häufig als „Rabenmütter“ gegolten hätten, berichtete Katrin Schulze. „Aber ich kam aus Ostdeutschland und war es gewohnt, dass jede Frau arbeiten und selbst entscheiden kann, wie lange.“ Später war die Mathe- und Geografielehrerin im Bereich Schulkindbetreuung tätig, dann in der Kita-Bereichsleitung. Von 2018 an baute sie die neue Abteilung „Zentrale Dienste für Familien“ auf.

Mehr als drei Jahrzehnte im Jugendamt

Nach drei Jahrzehnten im Jugendamt habe sie eine Idee davon gehabt, was eine Leiterin dieses Amts bewältigen müsse, berichtete Schulze: „Aber die Fülle an weiteren Aufgaben habe ich nicht geahnt.“ Ein Jahr nach Amtsantritt sei ihr auch klar: „Es gibt eine Vielzahl an Themen, die alle verschränkt diskutiert werden müssen.“ Man könne nicht jedes Thema der Jugendhilfe einzeln denken. Viel zu überlegen gibt es derzeit im Kita-Bereich, wo aufgrund des demografischen Wandels, der sinkenden Geburtenzahlen und der leeren Kassen zahlreiche Veränderungen nötig sind. Je nach Stadtteil gibt es zu wenige oder auch zu viele Kita-Plätze. 

„Wir müssen weitere Kitas bauen, aber maßvoll die Bremse ziehen“, sagte Katrin Schulze. So könne es an einem Standort sinnvoll sein, statt der geplanten sechsgruppigen Kita nur eine mit vier Gruppen zu bauen. Und Träger müssten auch erwägen, Kitas zu schließen, wenn die Nachfrage zu gering sei. Der große Fachkräftemangel werde ab dem Jahr 2030 einsetzen, sagte Schulze. „Wir müssen in den Einrichtungen ausbilden und viele qualifizieren, um das Loch zu füllen.“ Ganztagsplätze wolle man beibehalten, aber bedarfsgerecht vorhalten. Im Kleinkindbereich will der städtische Träger künftig anders als bisher auch 30 oder 35 Stunden statt einer Ganztagsbetreuung anbieten.

Gleichberechtigung in allen Bereichen

Ein weiteres Thema, das Katrin Schulze am Herzen liegt, ist die Inklusion. Künftig ist allein das Jugendamt für junge Menschen zuständig – egal, ob diese ohne oder mit Behinderung leben. Bisher war in letzterem Fall das Amt für Soziales und Teilhabe verantwortlich. Ziel sei es, gleichberechtigte Zugänge in allen Bereichen, also der Betreuung, der Erziehung und der Bildung zu schaffen, so Katrin Schulze. 

Die Kita für alle sei ein Ziel, aber vielleicht sei die Kita um die Ecke nicht die passende. Auch bei der Schule gehe es darum, jeweils die richtige für ein Kind zu finden und Strukturlösungen zu schaffen, ohne das Kind zu stigmatisieren. Im Schulbereich gebe es in Stuttgart gelungene Beispiele für Inklusion, sagte Schulze und nannte die „Wolke 13“ an der Steinbachschule und die „Ellipse“ an der Pragschule. Beide Projekte haben das Ziel, dass inklusiv beschulte Kinder und sozial benachteiligte Kinder sich gut entwickeln können. Sie sollen weder von der Schule oder dem Unterricht ausgeschlossen noch in ein Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum umgeschult werden müssen.