Das integrative Café und Restaurant des Rudolf-Sophien-Stifts beschäftigt auch Menschen mit psychischen Erkrankungen
Über ein Jahr lang hat es im TREFFPUNKT Rotebühlplatz in Stuttgart keine Gastronomie mehr gegeben, nachdem das „Punktum“ im Juli 2012 schließen musste. Die gute Nachricht: Diese Durststrecke ist jetzt vorbei! In den Räumlichkeiten im Zwischengeschoss eröffnet das Rudolf-Sophien-Stift, eine Tochtergesellschaft der Evangelischen Gesellschaft (eva), am 4. November das „Rudolfs“. Das Besondere: Hinter dem neuen Café und Restaurant steht ein integratives gastronomisches Konzept. Das professionelle Küchen- und Serviceteam wird unterstützt von Menschen, die psychisch erkrankt sind und im Rudolf-Sophien-Stift an der beruflichen Rehabilitation teilnehmen. Das „Rudolfs“ ermöglicht ihnen Teilhabe und Beschäftigung im zentralen Ort für Erwachsenenbildung und Kultur mitten im Herzen Stuttgarts.
Auf die Eröffnung hatten viele hingefiebert – auch Enrico K., der in dem neuen Café-Restaurant im Service mitarbeiten wird. Vor zwei Jahren erhielt der 35-Jährige die Diagnose Borderline-Persönlichkeitsstörung. Zwei Ausbildungen hatte er zuvor abgebrochen und sich mehr und mehr zu Hause eingeigelt. Seit zwei Jahren bereitet er sich im Rudolf-Sophien-Stift auf den beruflichen Wiedereinstieg vor. Seine Tätigkeit im Rudolfs ist für ihn ein wichtiger Schritt. „Ich freue mich, hier im Café wieder mehr in Kontakt mit Menschen zu kommen“, sagt Enrico K.
Das Rudolf-Sophien-Stift, der Träger des Rudolfs, ist eine Einrichtung zur medizinischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation psychisch erkrankter Erwachsener in Stuttgart. Neben einer psychiatrischen Klinik und verschiedenen Wohnangeboten bietet es über 450 psychisch erkrankten Menschen berufliche Förderung und qualifizierte Rehabilitation in ganz verschiedenen Arbeitsfeldern an. Mit dem „Rudolfs“ wird das Angebot nun um den Bereich Gastronomie ergänzt. „Menschen mit psychischen Erkrankungen stoßen oft auf Unverständnis, wenn sie anders reagieren als erwartet. Denn man sieht ihnen ihr Handicap nicht an“, sagt Dr. Irmgard Plößl, die die Abteilung „Berufliche Teilhabe und Rehabilitation“ im Rudolf-Sophien-Stift leitet. Das integrative Konzept im Rudolfs soll vielfältige Begegnungen ermöglichen und so auch mehr gegenseitiges Verständnis schaffen.
Die Stadt Stuttgart als Hausherrin des TREFFPUNKT Rotebühlplatz hat sich ganz bewusst für eine integrative Gastronomie entschieden. „Wir wollen Integration und Inklusion fördern und sichtbar machen“, sagte Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle beim Pressegespräch zur Eröffnung. Der TREFFPUNKT Rotebühlplatz, der die vhs stuttgart, die Musikschule, den treffpunkt 50plus sowie zwei Berufsschulen beherbergt, sei hierfür der ideale Ort. „Die vhs vermittelt Bildung. Und zur Bildung gehört, dass Menschen mit Behinderung mitten im Leben stehen und wertvolle Arbeit leisten können und wollen.“ Auch Gudrun Hähnel von der vhs stuttgart, die die Gesamtkoordination des TREFFPUNKT Rotebühlplatz verantwortet, freut sich über die Eröffnung des Rudolfs. „Wir sind glücklich, unseren täglich rund 3.000 Besucherinnen und Besuchern wieder eine Gastronomie bieten zu können, die unser Angebot bereichert: Unser breitgefächertes Veranstaltungsangebot macht eine flexible Gastronomie unabdingbar.“
Die Gäste werden im Rudolfs auch kulinarisch auf ihre Kosten kommen. Dem Gastronom Dominik Moarefi ist ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis genauso wichtig wie eine hohe Qualität der Produkte, die auch aus Bio-Anbau und fairem Handel stammen. Der kulinarische Tagesablauf im Rudolfs beginnt mit dem Frühstück von 9 bis 11 Uhr; beim Mittagstisch von 11.30 bis 14.30 Uhr erwarten die Gäste täglich wechselnde, schwäbische und internationale Gerichte inklusive vegetarischer und veganer Alternativen. Anschließend stehen Flammkuchen, Maultaschen, Salate und vieles mehr auf der Karte. An der separaten Kaffee-Bar werden durchgängig ausgesuchte Kaffeespezialitäten und Kuchen serviert. Für den kleinen Hunger zwischendurch stehen den ganzen Tag über frisch belegte Ciabatta-Variationen im Angebot.
Enrico K. und seine Kollegen sind gut vorbereitet. In intensiven Schulungen haben sie gelernt, worauf es im Service ankommt, und auch ganz praktisch geübt – zum Beispiel, wie man einen Tisch eindeckt. Enrico K. hat die Vorlaufzeit bestärkt: Die Arbeit in der Gastronomie macht ihm Spaß. Und er hat ein klares Ziel vor Augen: „Irgendwann möchte ich gerne eine Ausbildung in der Gastronomie machen. Das Rudolfs ist für mich ein Sprungbrett ins Berufsleben.“
Info: Nach der offiziellen Eröffnung des Rudolfs (Rotebühlplatz 28) am 4. November läuft in dem neuen Café-Restaurant vom 5. bis 9. November zunächst ein erweiterter Probebetrieb von 9 bis 20 Uhr. Gastronom Dominik Moarefi möchte die Zeit nutzen, um unter realen Bedingungen alle wichtigen Abläufe im Restaurant zu testen. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, schon während des Probebetriebs vorbeizukommen und im Rudolfs zu speisen. Der Regelbetrieb mit verlängerten Öffnungszeiten startet am 11. November. Dann wird das Rudolfs immer montags bis samstags von 9 bis 23 Uhr geöffnet sein. Weitere Infos zur neuen Gastronomie finden Sie im Internet unter:
www.rudolfs.org