Wege aus dem Fachkräftemangel waren Thema beim Treff Sozialarbeit - Armin Biermann vom Caritasverband und Katrin Winter von eva:lino haben Ideen und Konzepte vorgestellt
In den Appell an die Politik, bessere Rahmenbedingungen für Kindertagesstätten zu schaffen, mündete das Fachgespräch beim jüngsten Treff Sozialarbeit der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart (eva) zum Thema „Zwischen Herausforderungen und Lösungen - Qualität in der Kita-Arbeit neu denken“. Unter anderem sei eine bessere tarifliche Eingruppierung von studierten Kräften nötig sowie die Anerkennung von Abschlüssen von Migrantinnen und Migranten. Außerdem wurde eine Fortbildungsoffensive gefordert genauso wie Entbürokratisierung und weniger Dokumentationspflichten.
Nach Einschätzung von Armin Biermann stehen Kitas massiv unter Druck. So komme es zu Konflikten mit Eltern, wenn wegen Personalmangels Öffnungszeiten verkürzt werden, erläuterte der Bereichsleiter Kinder, Jugend und Familie vom Caritasverband für Stuttgart. Mit Katrin Winter, Geschäftsführerin der eva Kinderbetreuung gGmbH (eva:lino), zeigte er innovative Lösungen für aktuelle Probleme auf. Der Fachkräftemangel hat sich enorm verschärft. Dies führt nicht nur zu einer höheren Arbeitsbelastung und eingeschränkten Betreuungsmöglichkeiten. Dazu kommen wachsende Anforderungen an die Qualität der frühkindlichen Bildung und Betreuung angesichts einer immer wieder beklagten Bildungsmisere. So wird Sprachförderung in der Kita immer wichtiger. Für die Fachleute seien die Herausforderungen groß.
Ansprüche sind viel zu hoch
Biermann macht sich Sorgen, weil „der Stresslevel der Kinder in Kitas erheblich zugenommen hat“. Für ihn ist die Kita der „Brennpunkt im Bereich der Jugendhilfe“. Die weniger werdenden Ressourcen müssten besser eingesetzt werden und Kitas dürften nicht mit Ansprüchen überladen werden.
Auch der Übergang zwischen Kita und Grundschule müsse besser begleitet werden, fordert Winter. Die Systeme seien nicht gut genug aufeinander abgestimmt, beklagt sie. So würden Kitas von Schulen zum Teil unter Druck gesetzt, schwierige Kinder noch ein weiteres Jahr zu behalten. Nicht mehr die klassischen Fähigkeiten seien gefragt, dass Kinder beim Wechsel in die Grundschule zum Beispiel einen Stift halten können. Wichtiger seien sozial-emotionale Aspekte.
Zusatzkräfte besser qualifizieren
Trotz schwieriger Bedingungen sehen Biermann und Winter Handlungsoptionen für qualitative Verbesserungen. Vier Möglichkeiten für Verbesserungen in Kitas sieht Biermann. Zum einen die Einschränkung der Betreuungsleistungen, damit die Fachkräfte mehr Möglichkeiten der Vor- und Nachbereitung der Arbeit haben. Weil dies erhebliche Konflikte mit Eltern ausgelöst habe, werde nun Familien mit dringendem Ganztagesbedarf ein Angebot gemacht. Zum zweiten sei „gute Leitung in der Kita der Schlüssel“. Dafür brauche es mehr Unterstützung. Außerdem entlastet die Kooperation mit externen Anbietern, die zum Beispiel Theater- oder Sportangebote machen, die Fachkräfte. Die Finanzierung konnte mit der Stadt Stuttgart geklärt werden. Daneben wurde ein Pool von Expertinnen und Experten gebildet, der bei Engpässen eingesetzt werden kann.
Auch Winter hält so einen Pool für wichtig, plädiert aber entschieden für die Verbesserung der Qualifizierung von Zusatzkräften. Immerhin könnten zwei dieser Kräfte eine Fachkraft ersetzen. Als Erfolgsmodell hat sich die Qualifizierung von Menschen mit Beeinträchtigung für die pädagogische Arbeit zur Ergänzung der Fachkräfte erwiesen. So wurde in den Kitas von eva:lino mit 130 Mitarbeitenden und 650 Kindern in Ludwigsburg, Kornwestheim oder Stuttgart eine inklusive Arbeitswelt geschaffen. Ein junger Mann im Rollstuhl habe sich zum Kindermagneten entwickelt, berichtete Winter. Der zweite Durchlauf mit weiteren zehn Kräften startet im Mai.