Pfarrer Heinz Gerstlauer offiziell in den Ruhestand verabschiedet – der eva-Vorstandsvorsitzende hat vielen die Augen geöffnet für die, die sonst oft nicht gesehen werden
Stuttgart. Nach über 23 Jahren als Vorstandsvorsitzender der Evangelischen Gesellschaft (eva) geht Pfarrer Heinz Gerstlauer Ende Juni 2018 in den Ruhestand. Jetzt wurde er offiziell verabschiedet. Fast 400 Gäste kamen zu einem Gottesdienst in die Hospitalkirche sowie zum anschließenden Empfang in den Hospitalhof: Verantwortliche aus Kirche, Diakonie und Politik sowie Spenderinnen und Vertreter von Stiftungen.
Ein Hinweis zog sich durch die Würdigungen aller Redner an diesem Tag: „Der Heinz Gerstlauer ist einer, der hinschaut“ – so drückte es der katholische Stuttgarter Stadtdekan, Monsignore Dr. Christian Hermes, aus. Gerstlauer sei wichtig, sich für Menschen einzusetzen, „die Probleme haben und Probleme machen“. Und das tue er „mit Leidenschaft und Energie“.
In seinen Jahren bei der eva sei Gerstlauer nahe an den Menschen gewesen, um die Andere einen Bogen machten, hob Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg, hervor. Er habe hingesehen auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen, von Arbeitslosen und Hoffnungslosen.
Dass er nicht nur selbst hinsieht, sondern auch anderen neue Blicke auf Menschen am Rand ermöglicht, hat die Stuttgarter Bürgermeisterin für Jugend und Bildung, Isabel Fezer, zu Beginn ihrer Tätigkeit in Stuttgart erlebt. Sie war Teilnehmerin bei einem „social walk“ durchs nächtliche Stuttgart. Bei diesen mehrstündigen Spaziergängen hat Heinz Gerstlauer immer wieder Menschen mit Einfluss und Vermögen die Augen geöffnet für die, die sonst oft nicht gesehen werden. Das habe ihr die Not und die Vielfalt der Hilfen in Stuttgart vor Augen geführt, berichtete die Bürgermeisterin. Später habe sie Gerstlauer immer wieder im Jugendhilfe-Ausschuss der Stadt erlebt, wo ihm seine fundierten Äußerungen als Vertreter der eva „Gehör verschafft“ hätten.
Der eva-Aufsichtsratsvorsitzende Professor Ulli Arnold erinnerte daran, dass die eva in der Zeit mit Gerstlauer an der Spitze sehr gewachsen sei. Die Zahl der eva-Dienste hat sich in den vergangenen 23 Jahren auf 150 mehr als verdoppelt. Heute engagieren sich in Stuttgart sowie im Landkreis Esslingen und im Rems-Murr-Kreis etwa 1300 hauptamtliche und fast 1200 ehrenamtliche Mitarbeitende bei der eva. „In manchen Bereichen, die uns wichtig sind, können wir nur tätig sein, weil uns Spender und Stifterinnen stetig unterstützen“, sagte Arnold und bat die Unterstützer: „Bleiben Sie der eva verbunden, wir brauchen Sie!“
Und Stuttgart brauche die Hilfen der eva, so Bürgermeisterin Fezer. „Wenn die eva dicht machen würde, wäre es aus mit dem sozialen Frieden der Stadt“, davon ist sie überzeugt. Sie lobte das breite Leistungsspektrum des diakonischen Trägers sowie dessen „exzellente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“. Dem „temperament- und humorvollen Pfarrer“ Gerstlauer gab sie mit in den Ruhestand: „Ich bin überzeugt davon, das Geheimnis Ihres Erfolgs war Ihre Liebe zu den Menschen.“
Stadtdekan Hermes dankte Gerstlauer auch im Namen des Caritasverbandes für Stuttgart für die Jahre der Zusammenarbeit: „Ich danke Ihnen für Ihre Leidenschaft, Ihre Liebe, Ihr Herz und Hirn, Ihre Klugheit und Ihr Charisma.“
Diese Eigenschaften zeigte Gerstlauer auch in seiner letzten Predigt als eva-Vorstandsvorsitzender, die er mit den Worten beendete: „Die Menschen erwarten, dass wir sie achten und für wertvoll halten. Sie erwarten, dass Kirche und Diakonie dort ist, wo die Menschen sind. Dass Kirche und Diakonie nicht nur wahrgenommen werden als die, die Forderungen haben und unzufrieden sind, sondern als diejenigen, die Hoffnung haben und Ermutigung weitergeben. Die arbeiten und säen, damit in Menschen neben den Sorgen auch die Hoffnung und das Vertrauen zu Gott wächst.“