Das Recovery College Stuttgart bietet Workshops für Menschen mit und ohne psychische Erkrankung an - Kurse starten im März und sind kostenfrei
Stuttgart. Selbstbewusst auftreten, wer möchte das nicht? Menschen, die psychisch erkrankt sind, fällt das oft besonders schwer. Bei den Workshops des Stuttgarter Recovery Colleges können sie sich mit anderen Betroffenen darüber austauschen, wie gut es tut, Grenzen zu setzen und sich nicht klein zu machen. Die Kurse wie „Achtsam in Bewegung kommen“, „Die poetische Hausapotheke“ oder „Selbstbewusstsein im Alltag“ stehen allen Menschen offen – egal, ob sie schon Lebenskrisen durchlitten haben oder nicht. Die Workshops, die überwiegend in Stuttgart-West, Schloßstraße 76, stattfinden, sind kostenfrei, aber anmeldepflichtig, die Zahl der Teilnehmenden ist begrenzt.
„Alle, die an einem Workshop teilnehmen, haben etwas zu sagen, was für die anderen von Interesse ist“, sagt Sylvia Fahr-Armbruster. Die Sozialpädagogin und Supervisorin besitzt viel Berufserfahrung mit psychisch erkrankten Menschen und gehört zum Team des Recovery Colleges. Die Einrichtung, die jetzt im Frühjahr-/Sommersemester 14 verschiedene Workshops anbietet, wird getragen von der Evangelischen Gesellschaft (eva), dem Selbsthilfeverein Offene Herberge und der Initiative der Psychiatrieerfahrenen Stuttgart.
Die gemischte Trägerschaft spiegelt sich auch im Konzept des Recovery College wider: Hier kommen nicht nur Profis zu Wort und halten Vorträge. Jeder Workshop wird von einem Tandem geleitet, eine der Trainerinnen oder Trainer hat immer eigene Lebenserfahrung mit seelischen Krisen. Dieses Erfahrungswissen zählt. In den Workshops geht es darum, die eigenen Erfahrungen zu reflektieren. Und zu lernen, dass sich das Leben auch mit einer psychischen Erkrankung gut anfühlen kann.
„Viele psychisch Erkrankte ziehen sich zurück, fühlen sich stigmatisiert und finden nur schwer Anschluss“, sagt Oscar Garcia, der zum Organisationsteam des Recovery College gehört. „Aber es ist wichtig, dass man wieder in die Aktivität kommt und den Motor anwirft. Bei uns geht es nicht darum, was man alles nicht mehr kann, sondern darum, was einen interessiert und was einem gut tut.“ Das kann das Musikmachen sein oder die Freude am Englisch sprechen – auch dazu gibt es Angebote.
In den 1990er Jahren haben Psychiatrie-Erfahrene in den USA die Recovery-Bewegung (recovery: Stärkung, Genesung) entwickelt. Die Idee: Ein zufriedenes und aktives Leben ist auch mit psychischen Problemen möglich, doch dazu braucht es Bestärkung und gesellschaftliche Anerkennung. „Die Workshops im Recovery College ersetzen keine Therapie, eine therapeutische Wirkung können sie dennoch haben“, sagt Kornelia Birkemeyer vom Organisationsteam.
Iris Maier-Strecker, Abteilungsleiterin der Dienste für Seelische Gesundheit bei der eva, hält sehr viel vom Konzept des Recovery College: „Die Teilnehmenden erleben, dass seelische Gesundheit alle Menschen angeht. In den Workshops erhalten sie neue Impulse und erleben, wie stärkend der Austausch, das gemeinsame Tun und Lernen sein kann.“ (ds)
Mehr Informationen zu den einzelnen Workshops und Terminen gibt es unter www.recoverycollegestuttgart.de