Ein Bündnis aus konfessionellen, freien Stuttgarter Kita-Trägern – Caritasverband für Stuttgart e.V., eva:lino, IN VIA, Sozialdienst katholischer Frauen und St. Josef – hat zur OB-Wahl 2020 in Stuttgart die Aktion #aufdenlatz initiiert. Statt alle Kandidaten an einen Ort zu laden, entwickelte das Bündnis aus der Corona-Not eine gute Idee: Martin Körner, Hannes Rockenbauch, Marian Schreier, Veronika Kienzle und Frank Nopper wurden in jeweils eine Kita eingeladen und bekamen dort die Wünsche, Erwartungen und Fragen von Erzieherinnen, Eltern und Kita-Trägern „auf den Latz geschrieben“.
Coronabedingt fanden die Veranstaltungen im kleinen Kreis statt, was aber dem Ansinnen der Träger nicht schadete: „Wir kamen so zu einem wirklichen Dialog“, sagt Armin Biermann, Bereichsleiter der Jugend- und Familienhilfe im Caritasverband für Stuttgart. Die breite Öffentlichkeit konnte über Facebook teilnehmen und sich mit Fragen und Kommentaren einbringen. Und das nutzten denn auch die übrigen OB-Kandidaten, die nicht in eine der Kitas eingeladen werden konnten.
Es geht um die Kinder in der Stadt und es geht um die Zukunft der Stadt, das machten die Träger deutlich. Dabei kritisierten sie, dass viele ihrer Forderungen von der Kommunalpolitik in den vergangenen Jahren nur unzureichend umgesetzt worden seien. Dazu zählen sie, dass die Kitas der freien Träger genauso gefördert werden müssten wie die städtischen Kitas. Mindestens sollten die vollen Personalkosten getragen werden –somit könnten die Elternbeiträge gleich hoch sein wie in städtischen Kitas. Weiter fordern die freien Träger eine gemeinsame Fachkräfteoffensive der Stadt und der freien Träger, denn der Mangel an Fachkräften und an Kita-Plätzen wird immer größer: Seit Jahren fehlen rund 3000 Plätze für Kinder unter drei Jahren.
Frank Nopper, der zu Besuch in der Mosaik-Kita des Caritasverbandes in Zuffenhausen-Rot war, wirbt auf seinen Wahlplakaten mit dem Slogan: Wirtschaft ist Chefsache. Gilt dies auch für Kitas? Ja, sagt Frank Nopper, denn: „Ausreichend Kita-Plätze sind ein wichtiger wirtschaftspolitischer Standortfaktor.“ Die Grünen-Kandidatin Veronika Kienzle, zu Gast in der Kita St. Josef, übernahm die Forderung der freien Träger nach einer Gleichbehandlung mit den städtischen Einrichtungen und unterstrich: „Was die Stadt sich für ihre eigenen Kitas leistet, sollte auch für die Kitas der freien Träger gelten.“ SPD-Herausforderer Martin Körner – zu Gast in der Kita-Paulusstift, einer Einrichtung des Sozialdienstes Katholischer Frauen e.V. – will sich als möglicher Oberbürgermeister daran messen lassen, dass die freien Träger wenigstens eine 100-prozentige Finanzierung der Personalkosten bekommen und plädiert dafür, dass die Eltern in den freien Kitas nicht mehr zahlen müssen als die, die ihre Kinder in einer städtischen Einrichtung angemeldet haben. Hannes Rockenbauch, Kandidat des Linksbündnisses, SÖS und Linke, den die Kita „Wilde Hilde“ des Trägers IN VIA eingeladen hatte, will sich ebenfalls für eine 100-prozentige Personalkostenförderung einsetzen und schlägt vor, die Kosten über eine Erhöhung der Gewerbesteuer zu finanzieren, denn: „Kita-Plätze sind im Sinne der Wirtschaft.“
In die Kita evalino war Marian Schreier eingeladen. Er plädiert dafür, die Stuttgart-Zulage (das ist eine monatliche Zulage, die Erzieherinnen und Erzieher in Stuttgart auf ihr Gehalt bekommen) zu erhalten, und er hält langfristig die Abschaffung der Kita-Gebühren „für den richtigen Weg“. Der parteilose Kandidat Sebastian Reutter war nicht vor Ort, nutzte nun aber die Möglichkeit, sich auf Facebook zu äußern. Er unterstützt die Forderung nach einer Gleichbehandlung von städtischen Kitas und freien Einrichtungen: „Ich werde mich für eine Anpassung einsetzen“, verspricht Reutter. Ebenso der parteilose Stadtrat Ralph Schertlen, der zudem vorschlägt, bei Neubaugebieten Gespräche mit den Bauträgern zu führen und sie dazu zu bewegen, bei ihren Vorhaben den Bau von Kitas miteinzuplanen.
Wie geht es weiter mit den Kitas in der Stadt, wie werden die freien Träger ausgestattet, wie gewinnt man Erzieherinnen und Erzieher, und wer soll das alles bezahlen? Die Diskussionen darüber gehen weiter auf Facebook: unter dem Hashtag #aufdenlatz stehen alle Beiträge zur Debatte. (red)