„Morgen Nacht wird es bis Minus zehn Grad kalt. Hier im Aichtal frostige Minus sechs Grad. Der Winter bleibt – oder besser gesagt, er kommt jetzt erst so richtig“, sagt Dieter Schaffrath und blickt verschmitzt in die Kamera. Der 67-Jährige lebt seit fast 30 Jahren auf der Straße unter freiem Himmel oder im Zelt. Fast täglich besucht er den Tagestreff der Evangelischen Gesellschaft (eva) in Nürtingen, um sich aufzuwärmen, etwas zu essen und mit anderen ins Gespräch zu kommen. Deshalb war er auch sofort bereit, bei der ungewöhnlichen Spendenaktion als Wettermoderator mitzumachen. Eine Woche lang – vom 18. bis 22. Februar – sagt jeden Tag ein anderer Wohnungsloser das Wetter im RTL-Mittagsmagazin „Punkt 12“ an. Damit wollen RTL, die Agentur Saatchi&Saatchi und diakonische Träger wie die eva auf die schwierige Situation von Menschen ohne festen Wohnsitz aufmerksam machen und Spenden für die Wohnungslosenhilfe sammeln.
Dieter Schaffrath hat das Wetter am Mittwoch, 20. Februar, genau dort präsentiert, wo er lebt: Neben seinem Zelt auf einem Acker in der Nähe von Nürtingen. „Der Bauer hat es erlaubt, dass ich im Winter hier mein Lager aufschlage“, erzählt er. Im Frühjahr, wenn es nachts nicht mehr so kalt ist, will er wieder „richtig Platte“ machen. Eine Unterkunft für wohnungslose Menschen kommt für ihn nicht in Frage – dort fühlt er sich unfrei. „Frei sein bedeutet, sich selbst zu finden und mit sich selbst alleine sein zu können."
Auch wenn ihm Freiheit alles bedeutet – einen Ort, an dem sich Dieter Schaffrath zu Hause fühlt, gibt es doch: Es ist der Nürtinger Tagestreff der eva in der Paulinenstraße. Fast jeden Tag kommt der 67-Jährige hierher. „Hier fühle ich mich angenommen, so wie ich bin“, sagt der 67-Jährige. „Dafür bin ich den Mitarbeitenden und den vielen Ehrenamtlichen sehr dankbar.“ Im Tagestreff ist jeder willkommen – Wohnungslose, Menschen aus städtischen Notunterkünften, Langzeitarbeitslose, Frührentner oder Sozialhilfeempfänger. Für die Sorgen und Nöte der Besucher haben die Mitarbeitenden immer ein offenes Ohr. Die Gäste können hier nicht nur Wäsche waschen und duschen. Das „Herzstück“ des Treffs ist die warme Mahlzeit, die von den Ehrenamtlichen täglich frisch zubereitet wird. Das reichhaltige und günstige Mittagessen kann auch eine „Eintrittskarte“ in weiterführende Hilfen sein. Denn an den Tagestreff „Paulinenstraße“ ist eine Fachberatungsstelle für Menschen in Wohnungsnot angeschlossen.
„Wir beteiligen uns an der Wetteraktion, um die Aufmerksamkeit auf die besondere Notlage von Wohnungslosen im Winter zu lenken“, sagt Regine Glück, die als Abteilungsleiterin bei der eva auch für den Nürtinger Tagestreff zuständig ist. „Aber es geht auch um die vielen Menschen, die in prekären Wohnverhältnissen leben.“ Viele Menschen hätten zwar ein Dach über dem Kopf, aber ihre Wohnung sei kaum beheizbar oder der Strom abgestellt. „Auch für diese Menschen sind die kalten Temperaturen im Winter eine große Belastung - je länger der Winter andauert.“
Die Wetteraktion gehört zu der Kampagne "Days of Hope", die die Kreativagentur Saatchi&Saatchi entwickelt hat und mit RTL sowie verschiedenen Partnern der Diakonie umsetzt. Neben der eva sind u.a. die Stadtmissionen in Hamburg und Rostock sowie die Diakonie Frankfurt beteiligt. Dabei beschränken sich die "Days of Hope" nicht auf Deutschland. Auch andere Länder haben die Aktion bereits durchgeführt, beispielsweise Russland, Rumänien, Serbien, Polen oder die Schweiz.
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