Nachwuchs-Kicker vom SV Winnenden trainieren im Projekt "Zweikampfverhalten" ihre Coolness
Auf dem Fußballplatz kochen schnell mal die Emotionen hoch – bei strittigen Entscheidungen des Schiedsrichters, groben Fouls oder Beleidigungen durch Mitspieler. In diesen Momenten, aber auch im Alltag cool zu bleiben statt auszurasten – das trainieren derzeit sieben Nachwuchskicker des SV Winnenden bei dem Projekt „Zweikampfverhalten – Coolnesstraining im Teamsport“. Der Hamburger Verein Zweikampfverhalten bietet es gemeinsam mit der Evangelischen Gesellschaft (eva), dem VfB Stuttgart und dem Württembergischen Fußballverband erstmals im Rems-Murr-Kreis an. Für eine Trainingseinheit hat sich auch der VfB-Profi Zdravko Kuzmanovic Zeit genommen. Dabei hat er mit den Nachwuchsfußballern unter anderem über Fairness im Sport diskutiert.
Zu dem dreimonatigen Projekt „Zweikampfverhalten“ gehört nicht nur ein Coolness- und Konflikttraining auf dem Fußballplatz. Die Jugendlichen beschäftigen sich auch mit Idealen von Männlichkeit und machen ein Rhetorik- und Flirttraining. „Es geht darum, das Selbstbewusstsein der Jungs zu stärken und ihnen auf eine innovative Art soziale Kompetenzen zu vermitteln“, sagt Rebekka Henrich, die den Verein „Zweikampfverhalten“ 2008 in Hamburg ins Leben gerufen hat. Der Zugang über den Fußball sei ideal. „Jugendliche verstehen die Sprache des Sports besser“, so Henrich. Werte wie Respekt und Achtung vor Schwächeren könne man auf dem Platz gut umsetzen und dann auch auf andere Bereiche übertragen.
Finanziert wird das Projekt über den Lokalen Aktionsplan (LAP) Winnenden. Dieser umfasst verschiedene Projekte, mit denen vor Ort Vielfalt und Demokratie gefestigt und Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit bekämpft werden sollen. Der LAP wird durch das Bundesprogramm "Toleranz fördern - Kompetenz stärken" des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend finanziell gefördert.
"Haben Sie schon mal eine rote Karte bekommen, Herr Kuzmanovic?"
Ein wichtiger Teil von „Zweikampfverhalten“ ist das Training mit einem Fußball-Profi. „Es ist ein ganz besonderes Erlebnis für die Jungs, einem Profi persönlich zu begegnen und Tipps von ihm als Vorbild zu bekommen. Das motiviert sie ungemein“, sagt Marcel Rademacher vom Dienst ProE der eva, der das Projekt in Winnenden gemeinsam mit Rebekka Henrich organisiert. Etwa eine Stunde lang hat Zdravko Kuzmanovic, Mittelfeld-Spieler beim VfB und serbischer Nationalspieler, den Jungs die Bälle zugekickt und an ihrer Schusstechnik gefeilt. Zuvor hatte der 25-Jährige im Gespräch Rede und Antwort gestanden. „Haben Sie schon mal eine rote Karte bekommen?“, wollte der 13-jährige Adnan von dem VfB-Profi wissen. „Ja, zweimal“, räumte Kuzmanovic ein. „Einmal wegen einem Wutausbruch.“ Er sei leider ein Hitzkopf, aber er habe gelernt, dass es in bestimmten Momenten wichtig ist, den Mund zu halten. „Mit dem Schiedsrichter zu diskutieren, macht gar keinen Sinn“, gab Kuzmanovic den C-Jugend-Kickern auf den Weg. „Er wird seine Entscheidung sowieso nicht zurücknehmen. Stattdessen fliegt ihr vom Platz.“
Dem VfB ist es wichtig, sich beim Projekt „Zweikampfverhalten – Coolnesstraining im Teamsport“ zu engagieren. „Das Projekt gibt den Jugendlichen einen Anstoß, sich mit dem Thema Aggressivität und Gewalt auseinanderzusetzen“, sagt Peter Reichert, Ex-Fußballprofi und seit 2004 Fanbeauftragter beim VfB. Aus seiner Sicht habe sich in den vergangenen Jahren der Ton auf dem Fußballplatz verschärft. „Auch früher hat es Aggressivität im Fußball gegeben, aber die verbale Gewalt hat zugenommen“, so Reichert. Im Projekt würden die Jungs lernen: Wenn du selbst respektiert werden willst, dann respektiere die anderen.
"Die Jungs kriegen mit auf den Weg, worauf es im Leben ankommt"
Auch Alexander Jänel, Fußball-Abteilungsleiter des SV Winnenden, hat bisher „absolut positive Erfahrungen“ mit dem Projekt gemacht. „Die Jungs kriegen hier mit auf den Weg, welche Werte wichtig sind und worauf es im Leben ankommt.“ Durch „Zweikampfverhalten“ sei im Verein etwas angestoßen worden. Diese Entwicklung wolle man kontinuierlich weiterführen und möglichst auch auf andere Abteilungen ausweiten.
Dem 13-jährigen David haben die Trainingseinheiten und Workshops bisher großen Spaß gemacht. Und er hat gelernt, was zu tun ist, wenn er auf dem Fußballplatz oder auf dem Schulhof provoziert wird: „Wenn mich einer beleidigt, dann ignorier‘ ich das einfach.“