Ehemaliger eva-Abteilungsleiter wird für sein Engagement geehrt
33 Jahre lang hat er bei der Evangelischen Gesellschaft (eva) gearbeitet, nebenher hat er sich an vielen weiteren Stellen engagiert. Nun wird Volker Häberlein, bis 30. April 2013 Abteilungsleiter bei der eva und inzwischen in der passiven Phase der Altersteilzeit, das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. Der Orden der Bundesrepublik Deutschland für verdiente Persönlichkeiten wird ihm am 5. November 2014 von Staatssekretär Jürgen Walter und Oberbürgermeister Werner Spec in Ludwigsburg übergeben.
Dass er einmal das Bundesverdienstkreuz erhalten würde, war nicht vorauszusehen – die Ausgangsbedingungen des späteren Sozialarbeiters waren nicht die besten: Häberlein ist in einem sozialen Brennpunkt bei Schwäbisch Hall aufgewachsen. 2007 hat er seine Jugenderfahrungen in dem Buch „Herkunft chancenlos“ beschrieben, das im Eigenverlag erschienen ist. In dem Buch beschreibt er offen und eindrücklich seine ersten 17 Lebensjahre.
„Du musst jungen Menschen mehr als nur eine oder zwei Chancen geben.“
Seine Erfahrungen als Kind und Jugendlicher haben ihm für sein späteres Berufsleben klar gemacht: „Du musst jungen Menschen mehr als nur eine oder zwei Chancen geben.“ Das hat er selbst bei der eva getan, und dazu hat er die Mitarbeitenden, die mit ihm zusammengearbeitet haben, motiviert: Zunächst ab 1980 bei der Mobilen Jugendarbeit, später als Abteilungsleiter daneben bei unterschiedlichen Hilfen für wohnungslose junge Menschen und bei der Schulsozialarbeit. Häberlein hat gemeinsam mit dem Caritasverband für Stuttgart den Schlupfwinkel für Straßenkinder mit initiiert und dort in den ersten beiden Jahren regelmäßig mitgearbeitet. Und er hat gemeinsam mit der Baden-Württembergischen Kommende des Johanniterordens das Haus der Lebenschance aufgebaut; dort können junge Menschen freiwillig ihren Schulabschluss nachholen.
Häberlein war Gründungsmitglied und einer der beiden Geschäftsführer der AG Jugendkriminalität Stuttgart und in der Region Stuttgart, einem Netzwerk aus Jugendhilfe-Trägern und der Polizei. Er hat als Sachverständiger das Innenministerium beim Alkohol-Verkaufsverbot beraten. Von 1997 bis 2012 war er Vorstandsmitglied des Suchthilfevereins Release. Häberlein hat die eva über zwölf Jahre lang im Fachverband des Diakonischen Werkes für Kinder, Jugendliche und Familie vertreten. Davon war er sechs Jahre Vorsitzender des Fachverbandes. In seiner Amtszeit fanden wichtige Fusionen und Strukturveränderungen statt, die er maßgeblich mit initiiert hat. Über zwanzig Jahre lang war er im Vorstand des Dachverbandes Mobile Jugendarbeit Stuttgart.
Einführungs- und Fortbildungskonzepte entwickelt
Wichtig war für Volker Häberlein immer, für die Aus- und Fortbildung der (künftigen) Jugendhilfe-Mitarbeitenden zu sorgen: Er hatte Lehr- und Supervisionsaufträge an Hochschulen in Stuttgart, Esslingen und Ludwigsburg und hat ein Fortbildungskonzept für die Mobile Jugendarbeit maßgeblich mitentwickelt, das später von der Diakonischen Akademie Deutschland übernommen und bundesweit angeboten wurde. Bei der eva hat er unter anderem ein Einführungs-Konzept für die neuen Mitarbeitenden der Mobilen Jugendarbeit und später auch für alle Mitarbeitende der gesamten Kinder- und Jugendhilfe entwickelt. Im Auftrag der Internationalen Gesellschaft für Mobile Jugendarbeit hat er Qualifizierungsseminare in Russland veranstaltet. Er hat immer an die Fähigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geglaubt und hat sich an ihren Stärken orientiert. Wichtig war ihm bis zum Schluss, Kontakt zur Basis (Mitarbeitende und Jugendliche) zu halten. Beispielhaft dafür ist, dass er seine Kollegen und Kolleginnen bei großen Aktionen, wie z.B. Streetwork in der Innenstadt oder auf dem Frühlingsfest beim Realschultag, begleitet hat. Engeren Kontakt hat er bis heute zu allen Jahrgängen des Hauses der Lebenschance. Er wollte nicht die Bodenhaftung verlieren und letztlich aus eigener Anschauung wissen, über was er spricht und wen er vertritt. Sein Herz „brennt“ heute noch für diese Jugendlichen.
Zum Lernen miteinander waren für ihn auch zahlreiche Fahrten zum ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz bedeutsam: „Das habe ich ab 1985 mit Jugendlichen der Mobilen Jugendarbeit gemacht, später auch mit Lehrern und Schülern. Und dann mit eva-Mitarbeitenden und Gästen von Kooperationspartnern. Ich bin einfach davon überzeugt, dass man das, was da geschehen ist, nicht vergessen darf. Und dass man bei diesen Fahrten viel voneinander lernt und sie einen wichtigen Beitrag zur Menschenbildung leisten.“ Über die Fahrten schreibt der 61jährige gerade ein Lesebuch: ehemalige Teilnehmende steuern Gedichte, Briefe, Texte und Fotos bei, die er mit seinen Erfahrungen ergänzt. Das Buch wird im Herbst dieses Jahres erscheinen.
Weiter im sozialen Bereich engagiert
Nach seiner aktiven Zeit bei der eva engagiert sich Volker Häberlein heute weiter im sozialen Bereich: Er ist Mitglied einer privaten Unterstützergruppe, die Geld für Straßenkinder in Äthiopien spendet und HIV-infizierte Mütter unterstützt. Daneben qualifiziert er soziale Fachkräfte, die mit Sinti und Roma in Bulgarien und Rumänien arbeiten, und unterstützt weiterhin Jugendliche im Haus der Lebenschance. Auch seine Fahrten nach Auschwitz will er noch einige Jahre lang anbieten.
Dass er für sein Engagement das Bundesverdienstkreuz erhält, hat ihn selbst sehr überrascht; er dachte zunächst an einen Scherz. „Warum denn ich, es gibt doch noch genügend andere, die es ebenso verdient haben?“ Da viele Menschen für ihn Referenzen abgegeben haben, nimmt er die Auszeichnung an: „Ich empfinde sie auch als stellvertretende Würdigung für all meine Kolleginnen und Kollegen, die sich mit Herz und viel Engagement für sozial benachteiligte junge Menschen einsetzen – Tag für Tag und manchmal auch nachts. Sie tragen dazu bei, dass diese Jugendlichen ihre Würde wieder finden und lernen, ihre Chancen zu nutzen.“