Iris Maier-Strecker löst Regine Glück bei der Wohnungslosenhilfe Esslingen ab - neue Leiterin hat sich bisher für psychisch kranke sowie für wohnungslose Menschen engagiert - bisherige Leiterin ist auch kommunalpolitisch aktiv
Esslingen / Nürtingen. Iris Maier-Strecker (links) wird neue Abteilungsleiterin der Dienste für Menschen in Armut und Wohnungsnot im Landkreis Esslingen der Evangelischen Gesellschaft (eva). Die Sozialpädagogin und systemische Therapeutin leitet künftig die Fachberatungsstelle Esslingen, die Aufnahmehäuser Esslingen, darunter das Berberdorf, sowie die Ambulanten Dienste Nürtingen. Die 51-Jährige löst im Januar 2017 Regine Glück (rechts) ab, die in den Ruhestand geht. Regine Glück hat 19 Jahre lang bei der eva gearbeitet, seit Ende 2005 als Leiterin der Hilfen für arme und wohnungslose Menschen im Landkreis Esslingen.
Iris Maier-Strecker kehrt zu dem diakonischen Träger zurück, bei dem sie ihr Berufsleben begonnen hat – der eva. 1991 war sie für ihr erstes Praktikum beim Sozialpsychiatrischen Dienst Stuttgart-Freiberg der eva. 1993 folgte ein Praktikum für Menschen in Wohnungsnot im Social Care Unit in St. Martin in the fields in London. Diese beiden Aufgabenfelder haben sie durch ihr weiteres Berufsleben begleitet: mal hat sie sich für Menschen in Wohnungsnot engagiert, mal für psychisch kranke Menschen.
Zu ihren bisherigen Stationen gehören das Christoph-Ulrich-Hahn-Haus der eva, das in Stuttgart Wohnraum für zuvor wohnungslose Menschen anbietet, und die Heimleitung einer Einrichtung für psychisch Genesende im Landkreis Hannover. Seit 2006 arbeitet Iris Maier-Strecker beim Diakonischen Werk Württemberg in der Abteilung Behindertenhilfe und Psychiatrie. Dort hat sie von außen – wie schon zuvor als Mitarbeiterin – die eva als „flexibel und innovativ“ erlebt: „Hier gibt es Gestaltungsspielräume, um auf Nöte zu reagieren.“ Deshalb wechselt sie gerne hierher und damit zurück in die Praxis der sozialen Arbeit. „Ich freue mich auf die Vielfalt der Angebote im Landkreis Esslingen und auf die Kolleginnen und Kollegen vor Ort.“
Beim Gang durch die „streets of london“ Anfang der neunziger Jahre hat ihr damaliger Mentor zu ihr gesagt: „Das Schlimmste für wohnungslose Menschen auf der Straße ist, dass sie nicht wahrgenommen werden.“ Wer am Boden sitze, habe nicht mehr viel zu verlieren – deshalb sei wesentlich für ihn, dass andere seine Würde achten. Diese Worte hat sie nicht vergessen. Andere wahrnehmen und achten will sie auch bei ihrer neuen Arbeitsstelle. Wichtig ist ihr daneben, neue Wege zu finden, um bezahlbaren Wohnraum für arme Menschen zu gewinnen und zu schaffen.
Ihre Vorgängerin in Esslingen, Regine Glück, hat sich in ganz unterschiedlichen Feldern engagiert, häufig auch ehrenamtlich. Die Diplom-Pädagogin hat als junge Mutter dreier Söhne Sprachhilfe in einem Kindergarten gegeben, hat viele Jahre in Kirchengemeinderäten in Stuttgart und später in Nürtingen mitgewirkt. Seit 1999 ist sie für die Nürtinger Liste / Grüne im Gemeinderat Nürtingen.
Schon Ende 1997 kam Regine Glück als Mitarbeiterin zur eva. 1996 wurde sie vom damaligen evangelischen Dekan Martin Steck gefragt, ob sie sich vorstellen könnte, Hilfen für wohnungslose Menschen in Nürtingen anzubieten. Sie konnte – und hat ab 1997 den Tagestreff in Nürtingen konzipiert und aufgebaut. Bald wurde ihr klar, dass dieser ohne ehrenamtliche Mitarbeitende nicht zu verwirklichen sein würde. „Ich habe auf allen Ebenen geworben“, erinnert sie sich, „und innerhalb weniger Wochen gab es dreißig Ehrenamtliche, mit denen ich den Tagestreff aufbauen konnte. Das war phänomenal – das werde ich nie vergessen.“ All die Jahre habe der Tagestreff stets auf wunderbare Teams ehrenamtlich Mitarbeitender in Nürtingen bauen können.
Seit Januar 1998 wird der Tagestreff Nürtingen auf Bitte der vorherigen Projektpartner von der eva getragen. Regine Glück arbeitete nun auch in der Fachberatungsstelle Esslingen mit und lernte die Beratungsarbeit für Menschen in Wohnungsnot kennen. Das half ihr, ab 2003 die Fachberatungsstelle in Nürtingen aufzubauen. Seit Ende 2005 leitet sie die Hilfen für arme und wohnungslose Menschen im Landkreis Esslingen. Unter ihrer Leitung wurde die Hilfe vielfältig ausgebaut, dezentralisiert und bedarfsgerecht weiterentwickelt. Mehrere große Bau- und Sanierungsmaßnahmen wurden umgesetzt.
„Was mich die ganze Zeit an der Arbeit fasziniert hat, ist deren Vielfältigkeit. Man kommt mit ganz unterschiedlichen Menschen zusammen – mit Mitarbeitenden aus allen Ebenen der Kirche, der Politik, der Verwaltung, von Fachdiensten und Verbänden. Alle haben das Ziel, eine Hilfe aufzubauen für Frauen und Männer am Rand der Gesellschaft. Für Menschen, die oft ausgegrenzt werden und auf Vorurteile treffen“, sagt die Pädagogin. Die Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten müsse und wolle stets den ganzen Menschen und sein Umfeld im Blick haben. Sie sei angewiesen „auf Mitarbeitende, die sich auf diese Menschen einlassen, die ihnen helfen, Wege in und aus der Not zu finden und die bereit sind, immer wieder neu zu beginnen.“ Niemand solle abgeschrieben und aufgegeben werden. „Das sind Wege der ganz kleinen Schritte. Und es geht nur gemeinsam mit den Betroffenen.“ Sie sei froh, „dass wir in Esslingen und Nürtingen tolle Teams haben, die meine Haltung teilen: jeden Menschen in seiner Würde ernst zu nehmen und ihm auf Augenhöhe zu begegnen.“