eva, Lagaya und Stadtteilbücherei haben zu Vortrag eingeladen - Teil der Themenreihe „Was macht das Älterwerden lebenswert?“ - Wichtig, nicht zu schnell zu medikamentösen Mitteln zu greifen
Stuttgart. Medikamente – Fluch oder Segen? Zu einem Überblick über Wirkungen und Nebenwirkungen haben die Stadtteilbücherei Vaihingen, die Suchtberatungsstelle Lagaya und die Evangelische Gesellschaft (eva) jetzt in die Stadtteilbücherei eingeladen. Referentin des Abends war Karin Boeckh von Lagaya.
Körperliche Veränderungen gehören zum natürlichen Prozess des Alterns. Der gesamte Organismus ist dieser Entwicklung unterworfen, die mal mehr, mal weniger offensichtlich und spürbar ist. Das körperliche Leistungsvermögen lässt nach. Dies führt dazu, dass viele ältere Menschen regelmäßig Medikamente einnehmen, häufig mehrere verschiedene Präparate. In Deutschland ist die Altersgruppe der über 60-Jährigen der Hauptabnehmer von Medikamenten.
Dabei bleibe oft unberücksichtigt, dass Arzneistoffe bei älteren Menschen anders wirken als bei jungen, oder dass in Kombination mit anderen Präparaten ungewollte Wechselwirkungen auftreten können, so Karin Boeckh. So steige beispielsweise im Alter der Anteil an Körperfett, während der Anteil an Körperwasser sinke. Das führe unter anderem dazu, dass die Konzentration eines Wirkstoffs im Blut bereits kurz nach der Einnahme höher ist als bei jungen Menschen. Da außerdem Medikamente auch langsamer abgebaut werden, weil die Stoffwechselaktivität nachlässt und die Organe weniger leistungsfähig sind, bleibe ein hoher Wirkstoffspiegel über längere Zeit bestehen. Zudem reagiere der Körper auf manche Wirkstoffe sehr viel empfindlicher. Das habe zur Folge, dass bei älteren Menschen das Risiko für unerwünschte Nebenwirkungen deutlich erhöht ist.
Psychopharmaka können süchtig machen
Gefährlich kann die Einnahme von Psychopharmaka werden, im besonderen beruhigende Präparate aus der Gruppe der Benzodiazepine. Diese Medikamente, die oft rasch wirken und gut verträglich sind, haben ein erhebliches Suchtpotential. So kennt Karin Boeckh aus ihrer Tätigkeit in der Suchtberatungsstelle viele Frauen, die sich die Medikamente über den Schwarzmarkt oder das Internet besorgen, wenn der Arzt sie ihnen nicht mehr verschreibt. Deshalb fordert Karin Boeckh, Psychopharmaka nur in Kombination mit einer begleitenden Psychotherapie zu verschreiben.
Zu den Gründen, warum Frauen wesentlich häufiger zu Medikamenten greifen als Männer und ob die Ärzte oder die Patientinnen die Hauptverantwortung für den hohen Medikamentenkonsum tragen, gab es auch unter den zahlreich erschienen Gästen kontroverse Diskussionen.
Nicht zu schnell zu Medikamenten greifen
Für viele ältere Menschen sind Medikamente ein ständiger Begleiter. Die regelmäßige Einnahme bestimmter Arzneien erleichtert ihren Alltag. Dennoch ist es wichtig, gut über Risiken und Nebenwirkungen Bescheid zu wissen und auch Alternativen zu kennen, um nicht zu schnell zu medikamentösen Mitteln zu greifen. Das ist ein zentrales Ziel des Projektes „TrotzAlter: unabhängig mittendrin“ im Stadtbezirk Vaihingen, das von der Baden-Württemberg-Stiftung gefördert wird. Mit dem Projekt, zu dem die Themenreihe „Was macht das Älterwerden lebenswert?“ gehört, sollen die Unabhängigkeit und Lebensqualität auch im Alter so lange wie möglich erhalten werden.
Tipps für den Umgang mit Medikamenten
Verschaffen Sie sich von Zeit zu Zeit einen Überblick über die Medikamente, die Sie einnehmen – auch über die rezeptfreien! Eine sorgfältig geführte Liste aller Medikamente kann viel dazu beitragen, dass ein problematischer Medikamentengebrauch rechtzeitig erkannt wird.
Verzichten Sie auf dauerhafte Selbstmedikation. Anhaltende Beschwerden und Schmerzen sollten immer ärztlich behandelt werden.
Nehmen Sie Ihre Medikamente gewissenhaft, d.h. nur in der verordneten Dosis, ein. Jede Veränderung muss mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt abgestimmt werden.